Kathrin Freder für #kkl „Zeitenwende“
Die Rettung der Welt
(zu: Karl Hofer „Der Rufer“,
Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Albertinum)
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Ich sehe ein Bild,
die Umwelt zerstört,
nackte Bäume,
ein Mensch im Lendenschurz.
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Tiefe Nacht,
Berge im Hintergrund.
Der Mensch, er ruft
nach einer besseren Welt.
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Der Mond eine Sichel,
leuchtet noch hinter dem Rufer.
Doch bald wird er schwarz sein
und die Nacht nicht mehr erhellen.
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Die Welt, sie geht unter.
Sie braucht einen Retter.
Der Mensch, er ruft ihn,
will es verhindern.
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Ich denke an Jesus,
den Retter der Welt.
Wo ist er? Wann kommt er?
Bald ist es zu spät.
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Der Mensch, er ruft.
Er hat ein Ziel.
Während er ruft,
wird es immer dunkler.
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Ich betrachte das Bild,
und ich frage mich,
ob es durch das Rufen
besser wird.
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Zeit vergeht,
dunkler wird’s.
Der Rufer gibt sein Bestes,
nichts verändert sich.
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Was kann ich tun?
Vielleicht wär´ es besser,
wenn ich der Dunkelheit
nicht den Rücken kehre.
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Angesicht zu Angesicht,
ich verurteile sie nicht.
Ich begegne ihr,
akzeptiere sie.
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Die Welt geht unter.
Vielleicht muss sie das,
um neu zu entstehen,
sich weiter zu drehen.
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Der Mensch ist so klein.
Er hat keine Macht,
um Dunkelheit, die kommt,
aufzuhalten.
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Hell und dunkel,
Spiel der Gewalten.
Der Mensch steht dazwischen,
ist ihnen ausgeliefert.
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Der Mensch hat Angst,
in dem Gegensatz
von hell und dunkel
verloren zu gehen.
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Ich schaue zum Bild.
Ich weiß jetzt,
durch Warten und Rufen
ändert sich nichts.
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Ich akzeptiere die Nacht,
ich überlasse mich ihr,
rette so die Welt,
die sich weiter drehen kann.
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Kathrin Freder wurde 1973 in Riesa geboren. Sie studierte Rechtswissenschaften und arbeitet als Rechtsassessorin in einer Kanzlei. In ihrer Freizeit schreibt sie Gedichte, in denen sie Erlebtes aus Vergangenheit oder Gegenwart verarbeitet. Um sich bestehende Konflikte bewusst zu machen, nutzt sie oft Bilder berühmter Maler und Künstler. So entstand das Buch „Hell und Dunkel sind in uns – Hell und Dunkel, sie sind eins“, in dem sie Bilder Sascha Schneider´s zum Anlass nimmt, um sich mit sich und der Welt auseinanderzusetzen. Auch zu dem berühmten Panorama von Yadegar Asisi „Dresden 1945“ hat sie ein Gedicht „Das Ganze gilt es zu wahren“ geschrieben, welches am 06.03.2020 auf dem Facebook-Kanal vom Panometer Dresden veröffentlicht wurde.