Angela Schwarz für #kkl12 „Dazwischen“
Lieblingszeit
Im Sommer genieß‘ ich sie
bei guten Festen mit viel Tanz
sogar zweimal – spätabends und frühmorgens.
Im Winter allerdings kommt sie
abends viel zu früh und morgens quälend spät.
Doch ich liebe den Übergang
von Nacht zu Tag und umgekehrt,
so sanft in unseren Breiten.
Weiches, geheimnisvolles Licht –
Photographen fangen es gerne ein.
Wenn sie fehlt,
lernt man sie noch mehr zu schätzen.
Sechs Monate in Äquatornähe,
um 6 Uhr geht das Licht plötzlich aus
wie mit einem Schalter,
und ich spüre, wie sehr ich sie
vermisse, meine Dämmerung.
In der Schwebe
zwischen zwei Arbeitsstellen
zwischen zwei Wohnorten
zwischen zwei Sprachen
zwischen Tag und Nacht
jenseits von Gut und Böse
die gefährlichste Schwebe
zumeist ohne Netz
mit zahlreichen Zwischentönen
war schon immer die
zwischen zwei Geliebten
Ordnung, geträumt
Kein Zettel liegt ‚rum und kein Stift,
kein Staubkorn auf dem Boden und kein Haar,
keine Haargummis griffbereit und keine Ohrringe.
Das Geschirr ist stets prompt gespült und verräumt,
die Wäsche glatt gebügelt im Schrank.
Die Bäder sind blank poliert,
die Betten gemacht.
Alles hat seinen Platz,
selbst in Keller und Kabuff.
Suchen muss man nie etwas
in dieser fast sterilen, will heißen leb-
losen Ordnung.
Dazwischen steht man selbst
beinahe wie ein Fremdkörper.
Traum oder Albtraum? Das ist hier die Frage…
Löffelchen mit Abstand
In ihren zarten Anfängen schmiegten
sie sich so eng aneinander, dass
zwischen Haut und Haut der Unzertrennlichen
kein noch so hauchdünnes Blatt Papier
gepasst hätte.
Später entfernten sie sich so weit
voneinander, dass man beim Löffeln
mühelos und unbemerkt eine Bibel,
oder – wer es weltlicher mag –
einen Diercke-Weltatlas zwischen sie
hätte platzieren können.
Platz
Torwart, 100 Kilogramm, keins eins zuviel, Raumfüllend,
erfüllend, ein großer Junge, mit Jogginghosen,
grundsätzlich Meister, eine ganz andere Liga,
in vielerlei Hinsicht, bei genauerem
Hinsehen echt umwerfend, „Hammer“,
ein ZuGlückfallstreffer, so herzlich
willkommen in meinem Leben
doch zwischen den Alltagsaufgaben
leider ohne jeden:
siehe bitte Titel
Heimweh
Landleben hat sie im Flachland auch,
freundlich die Menschen, Kollegen
und Nachbarn.
Doch zieht es sie immerzu heim
in die Hügel, wo man schwäbelnd
grüßen darf ohne schief angeguckt
zu werden: Man kann es drehen und
wenden und diese Zwischenstation hier
in die Länge dehnen, wie man will:
ihr Herz hängt immer noch am
Ländle.
Turtel- nicht Friedenstauben
Vogel des Jahres sei ersterer
und sie nahmen das wörtlich
küssten sich auf öffentlichen Bänken
die Verliebten wie George Brassens es
singend so trefflich beschreibt
ließen keine Gelegenheit aus
konnten Finger, Augen und Münder
nicht von einander lassen, die Täubchen;
das Computerchen kannte als Piktogramm
nur die Friedenstaube mit dem Ölzweig im
Schnabel – ob es ahnte, dass sie schon bald
viel dringender benötigt würde?
Jetzt sendet sie gelegentlich friedliche
Signale in seine Richtung, doch es spannt
sich kein versöhnender Bogen mehr
zwischen den ehemals turtelnden Tauben.
Geliebt sein
morgens mittags abends
stehend liegend sitzend
draußen drinnen dazwischen
von Kopf über die Mitte bis Fuß
mit allem, vor allem den Fehlern
gestern heute morgen
das ist was zählt
das ist was fehlt
Angela Schwarz, geboren 1984, ist bei Heilbronn aufgewachsen und hat in Würzburg studiert. Derzeit lebt sie in Westfalen und hat die Liebe zum Schreiben wieder neu entdeckt. Bisher veröffentlichte sie vor allem Gedichte in Anthologien und Literaturzeitschriften.
Über #kkl HIER