Gerald Marten für #kkl13 „Über den Tellerrand“
Blickwinkel
Es kommt darauf an. Blickt man über den Tellerrand hinaus in die grenzenlose Weite der Aussenwelt oder blickt man von dort hinein in die Begrenztheit der Innenwelt des Tellers. Blicken die Bratkartoffeln auf dem Teller über den Tellerrand hinaus auf die reich gedeckte Tafel des Daseins oder beobachtet dieses argwöhnisch den angebrannten Speck an den Bratkartoffeln. Bildet der Tellerrand eine Art Grenze, die Bratkartoffeln vor der verfressenen Welt da draussen zu schützen oder sperrt der Tellerrand die Henkersmahlzeit auf dem goldfarbenen Porzellan ein. Eröffnet sich hinter dem Tellerrand eine grandiose Aussicht auf die Schönheit des Universums oder eröffnet sich dem neugierigen Blick ein finsterer Abgrund des Horrors.
Es kommt auf den Blickwinkel an. Doch dazu muss man erst einmal rauskommen aus seinen verbruzzelten Bratkartoffeln im Hirn – und sonstwo. Der Tellerrand kann einem die Welt öffnen, kann jedoch auch vor Entsetzen zerspringen angesichts der erblickten, monströsen Aussen- und Innenwelten.
Gerald Marten wurde 1955 in Oldenburg/Holstein geboren, wo er seit 2013 nach seinen Kieler Zeiten (1976/77 und 1979-2012) wieder lebt. Veröffentlicht seit 2001. Bislang einen Roman, sowie Kurzprosa und Gedichte verschiedenster Inhalte in Anthologien und Zeitschriften.
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