René Oberholzer für #kkl13 „Über den Tellerrand“
Schicksalsgemeinschaft
Dieses Gedicht ist ein Comic
Spielt in einer Küche
Eine Frau löst Kreuzworträtsel
Ein Mann liest die Zeitung
Dieses Gedicht ist ein Comic
In Schwarz und Weiss
Die Frau schaut zur Uhr
Der Mann gähnt
Dieses Gedicht ist ein Comic
Ohne Sprechblasen
Die Frau schaut in den Ofen
Der Mann blättert um
Dieses Gedicht ist ein Comic
Mit Denkblasen
Es ist 12 Uhr
Der Braten ist fertig
Mittagessen
Der erste Satz
Ihres Mannes
Seit Stunden
Wenn Hänge
Ins Rutschen kommen
Werden Wege
Geschlossen
Der erste Gedanke
Seiner Frau
Nach Sekunden
Wenn Realitäten
Ins Rutschen kommen
Werden Worte
Gestrichen
Annäherungsversuch
Einander gegenübersitzen
Am grossen Esstisch
Und Listen schreiben
Was macht mich glücklich
Einander gegenübersitzen
Auch wegen der Kinder
Und Stichworte vorlesen
Ohne zu unterbrechen
Einander gegenübersitzen
Mit kalten Gesichtern
Und vergeblich hoffen
Den eigenen Namen zu hören
Hochzeitstag
Alles sah so schön aus
Die Blüten im Essen
Ein schönes Salatgemisch
Bis die Haut errötete
Die Schleimhaut austrocknete
Und Übelkeit folgte
Alles sah so schön aus
Mit viel Liebe hergerichtet
Von meinem Schatz
Bis ich verwirrt zu tränen begann
Sich der Puls beschleunigte
Und Halluzinationen auftraten
Alles sah so schön aus
An unserem Hochzeitstag
Auch das Kerzenlicht
Bis ich Krämpfe bekam
In einen Tobsuchtsanfall verfiel
Und meinen Schatz schupste
Alles sah so schön aus
Mein ruhiger Schatz
Und die vielen Engelstrompeten
René Oberholzer
Lebt und arbeitet seit 1987 als Oberstufenlehrer, Autor und Performer in Wil/Schweiz.
Schreibt seit 1986 Lyrik, seit 1991 auch Prosa.
War Mitbegründer der literarischen Experimentiergruppe „Die Wortpumpe“ (mit Aglaja Veteranyi), ist Mitbegründer der „Autorengruppe Ohrenhöhe“, Mitglied der Autoren der Schweiz (AdS) und des Zürcher Schriftstellerverbands (ZSV). Erhielt 2001 den Anerkennungspreis der Stadt Wil für sein literarisches Schaffen.
Publikationen:
„Wenn sein Herz nicht mehr geht, dann repariert man es und gibt es den Kühen weiter“ (39 schwarze Geschichten) (2000), Verlag Im Waldgut in Frauenfeld.
„Ich drehe den Hals um – Genickstarre“ (92 Gedichte) (2002), Nimrod-Literaturverlag in Zürich.
„Die Liebe wurde an einem Dienstag erfunden“ (120 Geschichten) (2006), Nimrod-Literaturverlag in Zürich.
„Kein Grund zur Beunruhigung“ (236 Gedichte) (2015), Driesch Verlag in Drösing.
„Sehnsucht. Mit Weitblick“ (80 Gedichte) (2020), Klaus Isele Editor in Eggingen
„Das letzte Stück vom Himmel“ (80 Gedichte) (2021), Klaus Isele Editor in Eggingen
Gedichte und Kurzgeschichten in Anthologien, Zeitungen, Literaturzeitschriften und Online-Portalen im gesamten deutschsprachigen Raum (über 3000 Einzeltexte). Einzelne Texte sind auch ausserhalb des deutschsprachigen Raums übersetzt und veröffentlicht worden.
homepage: http://www.reneoberholzer.ch
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