Claudia Dvoracek-Iby für #kkl15 „Nähe“
Der Hände Ton
Es beginnt zeitgleich
Ein Pochen aus der Ferne
Ein zartes Klopfen im Herzschlagrhythmus
Und hier: Das Entstehen einer Frau aus Ton
Hier: Konzentrierte, formende Hände
Man glaubt, man hört
Harmonische Klänge, schwebende, leichte
Wasser schöpfende Hände, Wasser gießende Hände
Und die nasse, tropfende Frauenfigur
Und die nassen, tropfenden Hände
Nun Stille
Reine, vollkommene Stille
Gleich tiefem, gehaltvollem Schlaf
Im offenen Feuer liegend, umflammt, die Frau aus Ton
Davor: Ruhige, wartende Hände
Berührend nahe
Lose Melodien, lockend im Licht
Elfenbeinweiße Farbe
Geleert über die tönerne Frau
Geleert von sehnigen, starken Händen
Innen wie außen
Gleichmäßiges Atmen
Ein einziger umfassender Blick
Ein Tasten entlang der Frauenfigur
Dann: Bebende, gierige, sich verlierende Hände
Erloschenes Feuer
Leere
Ein brüchiger Schrei fällt gegen geschlossene Augen
Und jetzt: Eine zerbrechende Tonskulptur
Jetzt: Zuschlagende, blutende Fäuste
Es endet inwendig
Ewig nachklingend, isoliert, der Schrei
Im Außen, leise: Ein verschämtes Suchen
Ein blindes Greifen nach verstreuten Tonscherben
Mit wunden, unsicheren Händen

Claudia Dvoracek-Iby, *1968 in Eisenstadt, verheiratet, Zwillingstöchter (*2003), lebe in Wien
Schreibe Geschichten, Märchen, Gedichte für kleine und große Menschen; illustriere und collagiere auch manchmal
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