Telja Reinersmann für #kkl18 „Sowohl als auch“
„Sowohl Wort als auch Bild“
Buchstaben zu Silben, die Wörter bilden
und sich in ausgemachtem Kuddelmuddel als Nebensätzlein,
schließlich als Satz entpuppen:
Ob Sprache nun spricht, redet, schreit – mit wem auch immer,
bloß nicht mit mir, wie es scheint –,
voller Geduld lausche ich fremden Gesprächen
mit spitzen Ohren
und warte, dass ein Bröckchen abfällt, das ich,
flink wie ein Dachs (oder was sonst noch schnell ist),
mit gierigen Pfoten, nein Händen, erhasche.
Geiere ihr nach unentwegt,
warte, lausche, erhasche, verblasse,
wenn man mich erwischt
und beginne doch alles wieder von vorn,
weil der Schock nicht so tief sitzt wie anfangs gedacht.
Sprache und ich, das sind zwei Seiten einer Münze,
– sage ich.
Aber was weiß schon ich vom Sagen!
Sprache, das bin ich nicht und die Sprache ist nicht ich,
dabei tun wir beide dasselbe seit Äonen, nämlich:
warten, lauschen, erhaschen, verblassen.
Sie natürlich, sie sucht nicht sich selbst,
sondern mich, ist von mir in einem Maße besessen,
wie ich es sonst nur von mir kenne,
in meinem Durst nach ihr.
Ich suche ihren Ausdruck, sie mein Abbild,
in ewigem Kreislauf jagen wir dem eigenen Schwanz nach,
ohne ihn jemals zu beißen zu kriegen.
Denn wovon niemand etwas weiß:
Ausdruck und Abbild trügen, zeigen uns
in strahlendem Glanz, mal schwarz-weiß, mal bunt,
in voller Pracht und tückischem Gewand.
Wir, wir sind nicht frei, nicht schön
– Perfektion ist uns das fernste Gut –,
sind künstlich über alle Maß,
dem wahrsten Sinn des Wortes nach:
Sie das Wort, ich das Bild –
könnten unterschiedlicher nicht sein und
doch nennt man uns beide Kunst.“
„Telja Reinersmann wurde 1995 in Hagen geboren und lebt seit 2020 in Buntenbock bei Clausthal. Sie studierte Neuere deutsche Literatur (MA) in Göttingen – heute arbeitet sie als Texterin. Ihre kreativen Texte umfassen hauptsächlich Kurzprosa. Ein paar kleinere Beiträge wurden in verschiedenen Online-Medien veröffentlicht.“
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