Thomas Steiner für #kkl21 „Stigma“
warum sitze ich hier?
ich sollte arbeiten!
was ist das für ein geräusch?
ein traktor!
was zieht er?
sehe ich nicht.
ich sehe ein fahrrad fahren
ich sehe die apfelbäume
die wiese
äpfel auf den apfenbäumen
bäume & autos
hunde & krähen
den himmel (blau).
der traktor ist weg, wie schön
aber ruhig wird es hier nie.
arbeiten, ich sollte zur arbeit gehen.
ich komme nachhause
was soll ich tun?
auf keinen fall das fenster aufmachen!
draußen sind lärm & gestank!
draußen sind hunde
drinnen sind keine hunde
drinnen sind nur fliegen.
ich brauche einen gecko
der die fliegen fängt
der gecko darf nicht hinaus
denn draußen ist es kalt
der gecko muss immer drinnen bleiben!
ich darf das fenster nicht öffnen.
der tee war zu bitter
& brannte sich in die magenwand
mit säure
schwefelsäure
denn er roch nach schwefel
so entstehen große krater & löcher
innenseitig im körper
das ist sehr ungesund.
die ärztin sagt das kommt nicht vom tee
als ob sie das wüsste
ich muss mehr weißwurst essen & schmalz
denke ich & bier trinken
dann wird es besser. keine äpfel
denn äpfel sind sauer. bier ist nicht sauer
zum nachtisch schokolade.
überall kommen die ameisen hervor
kaum dass ich mich hinsetze zuhause
um nichts zu tun
das mache ich gerne: ich setze mich hin
& tue nichts
nicht aus dem fenster schauen
denn aus dem fenster schauen ist mühsam
alles ist mühsam
die ameisen
kommen aus den ritzen
& steckdosen
& gehen in die küche
viele zugleich
ich mag mir nicht vorstellen was sie dort tun
ich muss mich hinlegen
die augen zumachen
dann sehe ich nichts.
Thomas Steiner, geboren 1961 bei Reutte/Tirol.
Einzelveröffentlichung zuletzt: mein horizont ist der first der nachbarhäuser (gedichte). hochroth-verlag, 2013. Aktuell in: Am Erker 82 (2022), erostepost #63 (2022), #kkl17.
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