Maya Krings für #kkl21 „Stigma“
Wir waren Helden
Sie bestimmt unser Leben, bestimmt unsere Gefühle,
lässt uns zu Stein erstarren, hinterfragen, lossagen, freimachen, in uns bleiben.
Dabei ist doch einfach alles, was noch schlimmer ist, verwegen und wild. Allem, was Grenzen gesetzt ist, muss einer neuen ausgesetzt werden. Früher waren es späte Abendstunden an unbekannten Orten, ausgeschlagene Zähne und abrasierte Augenbrauen. Heute weht leichter Grasgeruch durch die Straßen zu hysterischem Lachen. Heute schallt laute, verpönte Musik durch die Häuserschluchten aus den Tiefsitzern im gleichen Takt, wie die Geräusche verliebter Paare auf den Häuserdach. Die Polizei verfolgt die Flucht aus dem Leben mit trägem Nicken und höflichen Bitten. Die Angst unserer Zukunft gibt uns Mut, macht jede Sekunde unter diesem Himmel zu einer Märchenerzählung. Wir atmen tagtäglich Tonnen von Feinstaub in unsere Lungen und verfeinern ihn ein wenig mit Zusätzlichem. Versuchen, sie mit ernst-verspottenden Bildern, Videos und bunten, kalkweißen Pillen zu verdrängen ertragen. Gestalten eine nüchterne Welt im betrunkenen Rausch. Eure alten Seifenkisten sind unsere alten Audis, die fünf Kilometer vor der nächsten Ortschaft liegen bleiben. Niemand wusste, wo ihr wart, niemand weiß, wo wir sind. Ihr habt euch Knochen gebrochen und Zähne ausgeschlagen, die heute unsere sichtbaren unsichtbaren Narben verdecken. Euch fragte man nicht nach Aufsichtspflicht, uns fragt man nach Eigenverantwortung. Eure freie Zeit ist unsere Auseinandersetzung mit unverarbeiteten Traumata mit unseren Therapeuten. Haben Angst vor der Liebe. Angst vor dem alleine sein. Angst, dann doch noch was aus Angst zu verpassen. Und Angst ist eigentlich nicht weiteres als Lähmung. Eure alten Geschichten bleiben alte Geschichten aus vergangener Zeit. Unsere Geschichten sind unsere heutige Zeit. Nur unsere Gründe zu diesen bleiben gleich. Früher kümmerte man sich nicht viel um euch, heute fragt man uns nach Verantwortung.
Brause durch die Straßen, nichts was mich aufhält, festhält, Haare fliegen ins Gesicht, Sterne an mir vorbei.
Hände am Zittern, Adrenalin am Randalieren, Verstand ausgeschaltet, meine Seele durch meinen Körper vom Schweben getrennt.
Liege flach, du über mir, draußen das Rascheln der Bäume, Schatten tanzen auf dem Zelt, die Härte des Bodens schmiegt sich an meinen Rücken.
Alles Träume, alles Wünsche, die sich wie ein Echo in unseren Texten und Gesprächen widerspiegeln.
Oh Wie gern würde ich das erleben, so träumerisch, so sinnlos, so einfach.
Dabei lachen vor Glück, um unser verlorenes Leben rennen, schreien aus Freude.
Versuche mich außerhalb dieses Raumes zu bewegen, sitze und starre auf die Uhr. Meine vier stummen Wände, sie reden nicht mit mir, gefangen in einer Endlosschleife. Unsere Geschichte, sie fand ein bitteres Ende mit fahlem Beigeschmack. Es waren unsere Helden, jetzt sind wir unsere eigenen.
Mein Name ist Maya Krings, ich bin 19 Jahre alt und habe dieses Jahr mein Abitur gemacht. Ich schreibe nun seit ca. 3 Jahren und habe letztes Jahr im Frankfurter Literaturhaus am Schreibzimmer teilgenommen und damit meine Leidenschaft entdeckt. Zurzeit bin ich Freiwillige in Israel in einem Kibbutz.
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