Julia Kohlbach für #kkl23 „Leitsterne und Irrlichter“
Der Abschied
*** In stiller Erinnerung ***
Als ich dich sah, hatte mein Leben wieder Sinn
du warst auf einmal mein größter Glücksgewinn.
Plötzlich wurde alles Schwarze zauberhaft bunt,
Familie und Zweisamkeit waren ein neuer Fund.
Es leuchtete hell ein Leitstern am Himmel,
in meinem Leben war von da an Gewimmel.
Ich verewigte uns in Tattoos und liebte die Musik,
erlebe oft mit Freunden den spürbaren Beat.
Der Lebensblues ging immer auf und ab,
deine Wünsche hielten mich stets auf Zack.
Doch sieh! – wie ein Stern sich entwickelt aus dem Irrlicht,
welch ein Wunder – in meinen Armen lag unser kleiner Wicht.
Ich bin zunehmend müde vom Leben
und kann dir einfach nichts mehr geben.
Unser Kind wächst heran und wird groß,
ich reiß mich stets von der Familie los.
Unsere Sterne entfernen sich immer mehr,
ich spüre den Leidensschmerz so sehr.
Es war nur ein bisschen Liebe all die Jahre,
immer mehr raufen wir uns die Haare.
Dann und wann greif ich zum Bier,
der ganze Kummer erlaubt auch mal vier.
Am Horizont funkeln nur noch Irrlichter,
die Schlinge um meinen Hals wird immer dichter.
Du willst die Trennung und ich soll geh’n,
Du wirst mich nie wieder seh’n.
Der Abschied naht mein Kind,
„Ich liebe Dich“ trägt leise der Wind.
Leitsterne sollen dich stets begleiten,
aber lass dich nie zu sehr verleiten.
Wenn die Irrlichter dich auch blenden,
denke niemals nach, über das Wenden.
Es tut mir leid gerade heut’ zur Weihnacht,
aber es liegt nicht mehr in meiner Macht.
Die Leiter fällt um, mein Leben ist vorbei.
Ich schaue immer hinab auf dich, mein Sohn Kai.
Julia Kohlbach wurde 1995 in Thüringen geboren. Nach erfolgreichem Studium der Bibliotheks- und Informationswissenschaft arbeitet sie als Bibliothekarin. Wenn sie sich nicht gerade dem Kreativen Schreiben widmet, geht sie wandern, arbeitet im Garten oder fertigt Handarbeiten an. Erste Veröffentlichungen in den Anthologien „Bücher, die uns bewegten“; „Liebesgrüße aus Napoli“, „Das Rad der Zeit … ein Stück Ewigkeit“, „8. Bubenreuther Literaturwettbewerb 2022“ sowie im Online-Magazin #KKL.
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