René Oberholzer für #kkl23 „Leitsterne und Irrlichter“
Godot
Wir hocken hier und warten
Dass Beckett uns erlöst
Mit seinem Godot
Wir hocken hier und gähnen
Weil nichts wirklich passiert
Das war aber früher schon so
Und dennoch
Haue ich heute über die Stränge
Und esse 4 fette Käsesandwiches
Und dennoch
Schneide ich mir die Haare kurz
Tanze barfuss im kalten Schnee
Und dennoch
Lasse ich mich rücklings fallen
In die Arme schöner Frauen
Und dennoch
Singe ich DON’T STOP
In die eisige Winternacht
Wir hocken hier und warten
Auf Becketts Godot
Er ist bereits unter uns
Immunität
Gegen Demagogen besteht Impfpflicht
Gegen Mutanten ebenfalls
Zwei Dosen versprechen Immunität
Zu Risiken und Nebenwirkungen
Fragen Sie Ihren Geschichtslehrer
Oder eine Politikerin ihres Vertrauens
Unter dem Vollmond
Wir lasen Gedichte
Von Wondratschek
Bis Ungaretti
Assen ausgiebig
Trauben und Feigen
Bruschetta und Risotto
Wir sangen Lieder
Von San Francisco
Bis nach Neapel
Hüpften und tanzten
Lachten und weinten
Lasen eigene Gedichte
Wir berührten uns
Von Kopf bis Fuss
Von Haut bis Herz
Spielten ausgelassen
Tarzan und Jane
Romeo und Julia
Wir waren göttlich
Für uns
Für diese Nacht
Der Roman
Sich bereits gefreut
Auf den langen Roman
Doch nach 50 Seiten
Die grosse Enttäuschung
Abbruch des Lesens
Und kein Ersatz dabei
Nach der ersten Woche
Unausstehlich geworden
Unerträgliche Anspannung
Abbruch des Urlaubs
René Oberholzer
Lebt und arbeitet seit 1987 als Oberstufenlehrer, Autor und Performer in Wil/Schweiz.
Schreibt seit 1986 Lyrik, seit 1991 auch Prosa.
War Mitbegründer der literarischen Experimentiergruppe „Die Wortpumpe“ (mit Aglaja Veteranyi), ist Mitbegründer der „Autorengruppe Ohrenhöhe“, Mitglied der Autoren der Schweiz (AdS) und des Zürcher Schriftstellerverbands (ZSV). Erhielt 2001 den Anerkennungspreis der Stadt Wil für sein literarisches Schaffen und 2022 den 23. Nahbellpreis des G&GN-Instituts in Düsseldorf für das lyrische Gesamtwerk.
Publikationen:
„Wenn sein Herz nicht mehr geht, dann repariert man es und gibt es den Kühen weiter“ (39 schwarze Geschichten) (2000), Verlag Im Waldgut in Frauenfeld.
„Ich drehe den Hals um – Genickstarre“ (92 Gedichte) (2002), Nimrod-Literaturverlag in Zürich.
„Die Liebe wurde an einem Dienstag erfunden“ (120 Geschichten) (2006), Nimrod-Literaturverlag in Zürich.
„Kein Grund zur Beunruhigung“ (236 Gedichte) (2015), Driesch Verlag in Drösing.
„Sehnsucht. Mit Weitblick“ (80 Gedichte) (2020), Klaus Isele Editor in Eggingen
„Das letzte Stück vom Himmel“ (80 Gedichte) (2021), Klaus Isele Editor in Eggingen
Gedichte und Kurzgeschichten in Anthologien, Zeitungen, Literaturzeitschriften und Online-Portalen im gesamten deutschsprachigen Raum (über 3000 Einzeltexte). Einzelne Texte sind auch ausserhalb des deutschsprachigen Raums übersetzt und veröffentlicht worden.
homepage: http://www.reneoberholzer.ch
wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Ren%C3%A9_Oberholzer
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