Eugenia Maranke für #kkl25 „Raum“
Traumraum oder Raumtraum?
Ich schaue in einen strahlend blauen Himmel. So weit mein Auge reicht – Blau. Plötzlich wird mir klar, dass dieses blaue Etwas ja nur „Himmel“ genannt wird. In Wirklichkeit gibt es keinen Himmel. Das blaue Etwas geht immer weiter – und ist irgendwann nicht mehr blau, sondern einfach dunkel – mit Sternen drin. Der Weltraum … unendliche Weiten, in denen das Raumschiff Enterprise … herrje, jetzt bin ich doch tatsächlich bei Star Trek gelandet.
Das ist ja auch keine Wunder. Wenn der menschliche Körper wirklich aus Sternenstaub besteht – und das sieht laut diversen Wissenschaftlern ja so aus – dann ist es auch logisch, dass ich mich als Sternenstaubwesen für den unendlichen Raum interessiere, oder? Na gut – und auch für Raumschiffe.
Wie ich da so stehe und in den Himmel schaue, rauscht mir vieles durch den Kopf, und ich beschließe dem Raum jetzt mal mehr Raum zu geben.
„Raum“ ist ein tolles Wort. Zuerst erscheint es begrenzt, zum Beispiel, wenn ich an „Wohnraum“ denke. Wenn ich dann aber an mein Zimmer denke (was mal wieder aufgeräumt werden müsste), an meinen Raum – dann schwingt schon gleich eine feinere Bedeutung mit. Mein Raum: wunderbar!
In einem Seminar wollte mir mal jemand beibringen, dass mein persönlicher Raum so groß ist, wie die Länge meiner Arme. Angeblich so ein persönlicher Arm-Raum um mich herum. Mumpitz! Wenn ich hier so stehe fühle ich mich so weit, da müsste ich schon echte Tentakeln haben, wenn da was dran wäre.
Ich kann jemandem Raum geben, ich kann mir Raum nehmen. Es gibt den „inneren Raum“ oder den „Spielraum“.
Diese Wort ist wirklich besonders, weil die Bedeutung Gegensätze verschmelzen kann, je nachdem in welchem Kontext ich es benutze: von Weltraum bis Abstellraum, begrenzt und unendlich – gleichzeitig.
Und ist der Mensch nicht ein ähnliches Wesen? Eine Vereinigung von vielen Räumen und Gegensätzen? Er hat eine klare körperliche Form, und gleichzeitig bewegt er sich im feinstofflichen unendlichen Raum der Energien, Gedanken, Visionen und Emotionen. So habe ich das noch nie gesehen: Ich bin ein Menschenraum – und alle anderen auch. Der Menschenraum verschmilzt mit dem Lebensraum auf dem Erdenraum und bewegt sich im Weltenraum.
Meine Güte, was alles passiert, wenn man sich den blauen Himmel einlässt.
Die Aborigines sagen, wir leben in einem Traum, bewegen uns auf Traumpfaden. Quanten-Physiker (und diverse spirituelle Meister) sagen, alles ist verbunden, alles ist Schwingung, Materie besteht aus tanzenden Teilchen – in Wahrheit, ganz tief in der Essenz. Und wenn man noch tiefer geht als die Essenz, dann gibt es welche, die sagen, alles ist Bewusstsein. Das Universum ist bewusst und wartet nur darauf, dass ich meine Äuglein aufmache und es erkenne.
Mir wird ein bisschen schwindelig, und ich bin froh, dass ein kleines Wölkchen angeflogen kommt. Ach, da kann ich mich dran festhalten. Bei all diesen Gedanken hatte ich schon das Gefühl, ich hebe ab, oder werde gleich ein unsichtbarer Haufen von tanzenden Molekülen. Ich stampfe kurz auf die Erde, und es ist gut sie zu fühlen. Mir jetzt noch vorzustellen, dass die Erde auch aus kleinen Teilchen, die Tango tanzen, besteht – und ich bin versucht das zu tun – wird einfach zu viel.
Trotzdem, ich spüre deutlich, dass es etwas in mir gibt, was sich zu dieser Unendlichkeit hingezogen fühlt, raus aus der Kleinheit der Gedanken und Emotionen, raus aus dem täglichen Einerlei. Und etwas anderes will noch tiefer eintauchen in das Einerlei – mit dem „Jetzt-Bewusstsein“ – und einer Ahnung, dass genau dieses Eintauchen in den gegenwärtigen Moment, mich dem unendlichen Raum viel näher bringt, als Fluchtgedanken.
Ich stehe da so unter dem weiten blauen Himmel, bin nur ein kleine Menschin, und gleichzeitig kann ich mein Bewusstsein ausdehnen – bin weit, wie der Himmel.
Mein Herz singt.
Es tut gut, dem Raum Raum zu geben.

Eugenia Maranke, (geb. 1968) lebt in einem kleinen Dörfchen in Norddeutschland.
Nachdem die Berufswünsche Indianer und Turniertänzerin unrealistisch erschienen, begann sie ihren beruflichen Werdegang als Diplom-Dokumentarin. Nebenbei absolvierte sie ein Fernstudium „Die Schule des Schreibens“.
Da sich Dokumentation als Beruf unpassend erwies, wendete sie sich alsbald dem Theater zu. Hier entdeckte sie, dass sie die Geschichten, die sie die ganze Zeit verfasste, auf der Bühne lebendig erleben konnte, was eine wahre Freude war. Sie absolvierte eine Ausbildung zur Clownin. Lange Jahre performte sie auf den Bühnen dieser Welt als Närrin, Clownin, Storyteller, Sängerin und Schauspielerin, wobei sie sich immer mehr dem „Theater aus dem Jetzt heraus“ widmete. Das Schreiben war ihr ständiger Begleiter.
2002 begann sie Seminare in „Fooling“ zu geben. Das „Jetzt“ erschien ihr schon immer magisch, sodass diese Improvisationstheaterform mit dem Archetypen des Narren (n. Franki Anderson) ihr Steckenpferd wurde. Sie intensivierte das Spiel aus „dem Nichts“ heraus, das Spiegeln und die Meditation. Diese Schwerpunkte drücken sich auch in ihren humorigen, verspielten und bildhaften Essays, Geschichten, Artikeln und Gedichten aus. 2021 veröffentlichte sie das Buch: „Der letzte Beobachter Echt Jetzt! Eine Mediationskomödie“, Verlag Tredition.( www.shop.tredition.com und im Buchhandel).

Veröffentlichungen u.a.
– Jugend Medienpreis PRISMA ’91: Veröffentlichung, Endausscheidungs-Teilnehmerin,
„Fremd in der Stadt“, Essay
– Texte für das Scharnier-Theater Hannover, Produktion „Sei still, mein Spatz“
– Nationalbibliothek des deutschsprachigen Gedichtes, Ausgewählte Werke
– Jokers Gedichte-Datenbank, Gedicht: „Im Spiegel Deiner Augen“
– Lebensart (Zeitschrift), Artikel: „… was Leute ver-rückt macht“.
– Die Pastille (Zeitschrift), Artikel: „Der Körper spricht immer!“
– Alverde-Magazin“ (Zeitschrift) Artikel: „Das junge Herz“
2021 Buch: „Der letzte Beobachter Echt Jetzt! Eine Meditationskomödie“, Verlag Tredition
2022 Artikel „Wenn der Verstand zum Sitzen kommt“ ZeitenGeist Magazin für Kultur, Gesellschaft und Bewusstsein
2022 Roloff Verlag, Anthologie: „Es ist der Geist, der führt …“, Essay „Wenn der Verstand zum Sitzen kommt“, gepl. Veröff. Juli 22
– Literatur-Apotheke Hildesheim, Online Veröff., Gedicht: „Erdvertrauen“
Interview mit Eugenia Maranke HIER
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