Fynn Höwner für #kkl26 „Säen und Ernten“
das brot (ein sehnsuchtsgedicht)
alles ist so schmal gebaut und scheiße vergänglich,
am meisten noch die blätter an den bäumen
da wird sich noch nicht mal jetzt getraut
wo ich es so dringend bräuchte
knospen aufzuhängen wie flugzettel
hier trifft sich; das trifft sich gut, hier trifft sich das anfangen zu träumen
von erde trocken wie mein mund und asphalt heiß wie glut
rund rollen die strohballen
rund rollt der strohhut
kalt werden lässt einen nur der schweiß der sich mischt mit lauem wind
unter meinen füßen, unten im boden
was da wohl für geister sind?
ich komme nicht umhin, damit zu werfen, mit den fragen nach unten in der erde
was da so vermodert und verschimmelt unter strahlendem himmel
wir müssen nicht weit graben, das denke ich nicht
ich glaube die die dort liegen und lagen
sind dort noch keine lange zeit
ihr blut küsst meine schuhsohlen
ihr blut tränkt meine strümpfe rot
wie den glutigen teer
und sonnenblumen wachsen hier,
mehr, mehr, mehr als ich zählen kann und zahlen weiß
die, die dort liegen und lagen
sind dort noch keine lange zeit
ihr blut küsst meine schuhsohlen
ich ernte sonnenblumenkerne
ich ernte blutfrüchte
ihr blut lässt meine fersen verkohlen
ich nehme alles wahr, die kerne in meiner hand wie aus weiter ferne, und die düfte, oh, die düfte
nach den bäumen und gräsern und blumen, die auch sich laben und düngen
an den vergrabenen und dem, was sie mitbringen oder brachten
es knackt die krume im ofen, das brot fällt mir auf den schoß
so klein das Ich, so groß der rest, als kämen wir nicht aus einer knolle oder einem samen, so als stünde noch nicht ganz fest, was man mit uns wolle, dem oben wie dem unten, so klein das brot in meinen armen, wie frei erfunden
die sonnenblumensamen krönen es wie kleine wolken einen blauen himmel nur verschönern können
aber soweit sind wir noch nicht
die blutbäume wachsen zwar dicht an dicht und säumen jeden garten
aber lassen noch auf sich warten
mit der art, wie sie mich zu trösten und zart
über die wangen zu streichen; mein kind, was soll der kummer, schau hin, bald kommt er schon, wenn auch schleichend, wenn auch kurven nehmend, wenn auch ausweichend, so kommt der spross, den frühling zieht und den der herbst begräbt, so kommt er und geht,
der sommer.
Fynn Höwner geb. am 26.11.1999 in Halle an der Saale, wohnhaft seit 2001 in Hamburg.
künstlerischer Werdegang: seit 2015 freie englische Lyrik, seit 2018 deutsch-englische Lyrik, seit 2020 reimende deutsche Lyrik, seit 2021 reimende sowie nichtreimende deutsche Lyrik und Kurzgeschichten.
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