Der Handzettel

Renate Buchner für #kkl28 „Dahinter“




Der Handzettel

Ich liebe diese Stilrichtung und die Farbenpracht. Es erhellt meine Sinne. Es individualisiert. Es sprüht vor Kreativität. Die Hànde in die Hüfte gestemmt, Schulter nach hinten, den Blick fest auf das Gegenüber, drehte ich mich mit dem Oberkörper mehrmals abwechselnd rechts und links. Mit gerunzelter Stirn beobachtete ich die Bewegung. Ich drehte mich nochmals um die eigene Achse. Bei meinem Anblick im Wandspiegel, der in ovaler Form und schlicht gehalten, wie die restlichen Möbel in dem Apartment, hob ich meine Augenbrauen hoch und strich mit beiden Händen über den Stoff. Der Baumwollstoff fühlt sich richtig gut an, so sanft und stark. Es besteht aus zwei Stück Stoffe mit dem gleichen Muster, ein Überlappen geometrischer Figuren, Kreis, Pyramide am Saum des unteren Teil, während der Grossteil des Stoffes mit Blumen Ornamenten bestückt ist. Rot, Blau, Grün, Gelb…Meine Lieblingsfarben. Ich rieb mir mit dem Zeigefinger am Kinn.„Habe ich das Kleid richtig gebunden? Der zweite Teil über der linke Schulter,… irgendwie, habe ich es in anderer Erinnerung behalten.“ Wo ist meine Handtasche? Ich wühlte ein paar Sachen von der Couch bis schliesslich die Handtasche bedeckt von der Jacke hervorkam. „Ach,..hier!“ Ich nahm mein Smartphone aus der Handtasche. Mit dem Daumen wischte ich über das Display und blätterte durch die Fotos, und ertappte mich dabei, dass ich mein Standbein ständig wechselte. Ich richtete mich auf und strich mir mit der Zunge über die Unterlippe. Mein Blick weilte eine Zeitlang auf ein Foto. Es zeigt einen Handzettel mit händisch geschriebenen, schon teils verschwommenen Namen darauf. Sieben Namen. Die verschiedenen Neigungen, die Grösse der Buchstaben, es ist gut erkennbar dass die Handschrift von verschiedenen Personen abstammen. Ich setzte mich auf die Couch, dessen Dunkelblau durch die wärmende Sonne ins hellere Blau übergegangen ist. Der Puls schlägt schneller und stärker bei Betrachten des Bildes. Ich legte meine Hand auf meine linke Brust und setzte mich. Ich stellte mir die Leute vor, die dieses Foto betrachten. Was würden diese wohl erkennen? Würden sie die Besonderheit dieses Handzettels begreifen? Würden sie sich fragen, welch Geschichte sich wohl dahinter verbirgt? Oder würden sie nur den Kopf schütteln? Oder gar ein abwertendes Kommentar dazu? Ich sah zu meinem Laptop hinüber auf meinem Schreibtisch, der von blanken Papier, niedergeschriebene Ideen und verschiedenes anderes Zeugs bedeckt ist, und dann wanderte mein Blick wieder auf dem Handzettel. Das USB-Kabel lacht mich geradezu an und sagt zu mir: „Verbinde mich!“ Ich musste lauthals lachen. Welch sonderbaren Vorstellungen gehen mir hier durch den Kopf! Mit ein, zwei Schritten stand ich vor dem Laptop, das Zimmer ist nicht überwiegend gross, aber für meine Belange reicht es. Das 1m² grosse Fenster, bedeckt von Staub, lässt ein paar Sonnenstrahlen in das Zimmer, dass durch die innere Holzverkleidung, zwar warm, aber doch den Raum dunkel erscheinen lässt. Der Laptop in matten Grau gehalten, ändert durch den Lichtschein in ein metallic grau, wie ein poliertes Silber. Ich sah, dass meine Hände wie sein eigener Herr dem Laptop öffnen und eine englische Begrüssungsstimme mit südafrikanischen Dialekt erklang. „Welcome“. Ich nahm ein paar tiefe Atemzüge und setzte mich. Warum fühlt sich mein Puls an als ob ich einen 50 Kilometer Marathon gelaufen und anschliessend einen Fluss schwimmend überquert hätte? „Das USB-Kabel“, sagte ich laut heraus. Ich griff danach, nahm mein Smartphone und verlinkte. Ein Gefühl der Übelkeit überkam mich und meine Hände begannen leicht zu zittern. Ich hielt kurz inne. Mein Gehirn arbeitet in Hochtouren, und die Gedanken flogen nur durch die Luft. Ungezwungen, unstrukturiert, und unbändig. „Fokus“ sagte ich und tippte mehrmals mit dem Mauszeiger auf den Chrome Browser. Nichts geht! Nach ein paar Sekunden kommt doch noch Leben in das Betriebssystem und die Startseite GOOGLE öffnet sich. Schultern gerade, ein paar Atemzüge und schon legte ich meine Finger auf die Tastaturen; wie von „Geisterhand“ jagten meine Finger einen Buchstaben nach dem anderen in einer Schnelligkeit, wie die schnellste Maus von Mexico – Speedy Gonzales. Meine Homepage ist nun im Entwurfmodus. „Chula Rusinga Biodiversity Program“ tippte ich. Ich blickte auf das Foto mit dem Handzettel. Ich spürte in mir eine aufkommende Wärme, ein Feuer. Erinnerungen. Handlungen. Diskussionen. So viele Momente. „Ja! Die Zeit ist reif!“, sagte ich laut um meine Entschlossenheit zu bestärken. Think Globally, Act Locally, so die Überschrift. Ein angenehmes, wolliges Gefühl überkam mich. Meine Gedanken flossen. Für jeden Menschen meine Momente in sichtbaren Text umzuwandeln erfüllt mich. Ich richtete meinem Körper auf, den Kopf hoch, und ein Lächeln im Gesicht. Victor. Agnes. Sharon. Enos. Francis. Erick, fügte ich hinzu. „Das Team von Chula Rusinga Biodiversity Program“, sagte ich zu mir selbst. Entwickelt von den Einwohnern Kenias für das Wohlwollen der Gemeinschaft und Schutz der Natur. Und ich stand als siebente Name auf dem Handzettel. Rena.





Renate Buchner

Mein persönliches Motto: Bewusstsein führt zu Wissen und Wissen führt zu Handeln.

Konkret bin ich ein investigativer Journalist, der in den Bereichen Luftfahrt und Naturschutz tätig ist. Durch das Geschichtenerzählen kann ich den Moment festhalten und auf Papier zum Leben erwecken, sowie Menschen inspirieren und motivieren.






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Veröffentlicht von Jens Faber-Neuling

Redakteur von #kkl Kunst-Kultur-Literatur Magazin und ZeitenGeist Magazin, Autor, Trainer und Coach im Bereich Bewusstseinserweiterung, glücklicher Papa und Ehemann.

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