Hinter dem Wald

Katrin Streeck für #kkl28 „Dahinter“




Hinter dem Wald


Der Bruder nahm die Schwester bei der Hand und sprach:

„Lass uns fortgehen. Wir wollen sehen, ob wir es besser antreffen als hier. Die Mutter schimpft ständig und der Vater hat nie Zeit für uns.“

„Aber wohin wollen wir gehen?“, fragte die Schwester.

„Egal. Nur erst einmal weg von hier. Das ist nicht mehr unser Zuhause!“

Sie liefen los. Der Weg wurde uneben und sie erreichten einen Fluss. Nicht breit, aber scheinbar tief. Sie gingen eine Weile an seinem Ufer entlang und kamen an eine Brücke. Dort stand ein Schild, auf dem war zu lesen: „Hinüber-Brücke“.

„Da wollen wir rüber. Mal sehen, wohin das führt!“, sagte der Bruder.

Sie betraten die Brücke. Sie schwankte ein wenig und hatte ein paar lose Bretter im Boden, durch die man den schäumenden Fluss sah. Die Schwester bekam Angst.

„Schau nicht nach unten. Schau in die Weite!“, sagte der Bruder. Das half. Das Mädchen sah in der Ferne einen Berg. Als sie die andere Seite erreicht hatten, fragte es:

„Siehst du den Berg dahinten?“

„Ja, ich sehe ihn. Vielleicht müssen wir dorthin und ihn besteigen. Wenn wir oben sind, können wir sehen, was dahinter liegt.“

Die Geschwister mussten lange laufen, bis sie sich dem Berg näherten.

An seinem Fuße stand ein Schild, auf dem war geschrieben: „Darüber-Berg“.

„Dann müssen wir wohl darüber klettern“, schlussfolgerte der Bruder, und sie kletterten auf den Gipfel. Dort sahen sie wieder ein Schild, auf dem stand: „Über-Sicht“.

Die Schwester sagte: „Das stimmt wohl. Hier hat man die Übersicht“.

Sie sahen ringsherum, in alle Himmelsrichtungen.

„Da runter nicht. Von da sind wir gekommen. Das würde überhaupt keinen Sinn machen. Aber hier führen drei Wege hinab. Für welchen entscheiden wir uns, welcher ist der richtige?“

Der Bruder sah die Schwester an.

„Dort liegt das Meer“, sagte sie.

„Und da eine Stadt!“ Er zeigte in diese Richtung.

„Ich sehe auf der anderen Seite einen Wald!“

„Wir müssen uns aber entscheiden!“, riefen sie fast gleichzeitig. Sie setzten sich hin und überlegten.

„Wenn wir in die Stadt gehen, finden wir Arbeit und Brot“, sagte der Bruder.

„Und viele Menschen!“, ergänzte seine Schwester. „Im Wald können wir uns verirren.“

„Warum nicht ans Meer?“, fragte der Bruder. „Wir könnten mit einem Boot hinausfahren und fischen. Die Fische bringen wir dann auf den Markt in der Stadt und verkaufen sie.“

Dem Mädchen gefiel die Idee. Der Junge meinte:

„So weit, so gut. Ich schlage vor, dass wir den Weg durch den Wald nehmen. Das ist so schön ungewiss. Wir sehen dann, was hinter ihm liegt. Vielleicht ist es unser Glück, vielleicht verlaufen wir uns auch. Das müssen wir herausfinden.“

„Du hast recht! Aber es ist schon ganz schön spät. Die Eltern werden sich Sorgen machen und ich habe die Schularbeiten noch nicht gemacht!“.

„Da werden wir wieder einiges zu hören kriegen!“

Sie liefen heim.





Das Meer/Horizont

Schauen über die

Weiten des Meeres.

Am Horizont fährt ein Schiff

und verschwindet.

Die Gewissheit:

Dahinter ist nicht

 das Ende der Welt.





Mein Name ist Katrin Streeck. Ich wurde am 29. Mai 1963 in Greifswald geboren.

Ich schreibe leidenschaftlich gern Texte, die mit Humor gewürzt sind, und befasse mich mit historischen und philosophischen Themen.

Ich wurde in vier Anthologien aufgenommen.

Berufesterben

Herber Herbst

Seelenheimat

bei: Textgemeinschaft, epubli, Berlin.

Tag am Meer, Baltrum Verlag

Interview auf dem #kkl-Kanal HIER






Über #kkl HIER

Veröffentlicht von Jens Faber-Neuling

Redakteur von #kkl Kunst-Kultur-Literatur Magazin und ZeitenGeist Magazin, Autor, Trainer und Coach im Bereich Bewusstseinserweiterung, glücklicher Papa und Ehemann.

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