Nicola Trampert für #kkl41 „Rasender Stillstand“
Reise der Zeit
Sonntagabend und wieder sitze ich hier
Alles an seinem Platz
Neben mir nichts als ein paar leere Flaschen Bier
Alles sauber
Und schon wieder passiert es mir
Alles schön
Der Verstand entweicht
Und es überkommt mich die Melancholie der Andersheit
Ich blicke mich um
Alles da
Und sehe, wie alles weniger wird
Die Bücher, die ich las
Alle im Regal
Die Erinnerungen, die ich besaß
Alle real
Verschlossen in einer Kiste
Zusammen mit der unendlichen ToDo-Liste
Ich blicke auf die Uhr und die Gedanken fangen wieder an
Alles dreht sich
Und wieder frage ich mich
Alles wird schwach
Wie viel Bier es braucht, bis ich meinen Kopf leer trinken kann
Ich frage mich
Alles tickt
Wann die Uhr zu drehen begann
Und auch frage ich mich
Alles rennt
Ob man die Zeit zurückdrehen kann
Ich öffne ein neues Bier und starre den Bildschirm an
Ich stelle ihm Fragen, die Google nicht beantworten kann
Versuche mich zu erinnern
Wann ich zum ersten Mal an einem Bahnhof stand
Ich denke nach, wann war es nur
Der erste Zug, mit dem ich fuhr
Zu den Zielen, die ich fand
Ein Blick über den Flaschenrand, noch ein Schluck Glück
Doch es hilft mir nicht
Gegen meinen Willen setzt sie wieder ein
Die Erinnerung ans Anderssein
Und wieder versagt mein Gedächtnis
Bei der Frage, wann die Reise begann
Ein weiterer Schluck aus der Flasche
Öffnet mir die alten neuen Sphären
Die mir wie jeden Sonntagabend freudig erklären
Wie die Reise funktioniert
Und wieder ist es passiert
Wieder sitze ich hier
Alles an seinem Platz
Neben mir nichts als ein paar leere Flaschen Bier
Alles sauber
Und schon wieder passiert es mir
Alles schön
Der Verstand entweicht
Und es überkommt mich die Melancholie der Andersheit
Ich starre den Bildschirm an und sehe wieder nur die Uhr
Wie eine Bombe, die rasende Zeit
Es ist gegen die Natur
Doch ich kann nichts dagegen tun
Ich will sie so gerne zurückdrehen
Doch ich weiß nicht wie weit
Und wieder greife ich zur Flasche
Und je tiefer ich in sie blicke
Desto mehr füllt sie meine Gedächtnislücke
Ich fahre wieder Zug
Die Bahnhöfe sind voll und frisch
Ich versinke im Chaos
Erneut fasziniert es mich
Es gibt so viele Züge
Ich weiß nicht, welchen ich nehmen soll
Das Bier wird leer und ich renne
Und ich steige in den letzten, der fährt
Und fahre, bis ich alle Bilder erkenne
Vorbei an allen Wäldern, die ich nie sah
Vorbei an allen Bahnhöfen, die ich nicht kenne
Vorbei an allen Orten, an denen ich nie war
Ich blicke aus dem Fenster
Und es winken all die Menschen, die ich nie traf
Und ich starre auf die Uhr, die ich nie besaß
Und ich denke an die Dinge, die ich nie tat
Und an mir vorbei rasen all die Züge, die ich nie betrat
Mir wird schwindlig, ich bin immer noch hier
Meine Hand öffnet eine neue Flasche Bier
Ich will, dass es aufhört, will die Bewegung nicht mehr fühlen
Ich nehme einen tiefen Schluck
Und versuche die Bilder wegzuspülen
Der Zug hält an und ich steige aus
Es ist kalt
Ich blicke mich um
Alles da
Und sehe, wie alles weniger wird
Die Züge, mit denen ich nie fuhr
Und wieder nur der Blick auf die Uhr
Die Erinnerungen, die ich besaß
Alle real
Verschlossen in einer Kiste
Zusammen mit der unendlichen ToDo-Liste
Und noch einmal blicke ich tief in die Flasche
Und spüre, wie ich den letzten Tropfen erhasche
Und erneut fällt mein Blick auf die Bildschirmuhr
Und wieder ist sie weitergelaufen, die Zeit
Es ist gegen die Natur
Doch ich kann nichts dagegen tun
Ich will sie so gerne zurückdrehen
Doch ich weiß nicht wie weit
Und noch ein letzter verzweifelter Blick auf die Uhr
Noch immer sind sie alle abgefahren, die Züge, mit denen ich nie fuhr
Und wie jeden Sonntagabend sitze ich wieder hier
Alles an seinem Platz
Die Flaschen sind alle leer
Alles sauber
Und schon wieder ist es mir passiert
Alles schön
Mein Kopf hat sich von seinem Verstand befreit
Und es überkommt mich immer wieder die Melancholie der Andersheit
Nicola Trampert
Schreiben und Übersetzen von Kurzgeschichten, moderne Lyrik lesen und selbst produzieren, Poetry Slam, Comedy
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