Eileen Kipp für #kkl42 „Selbstachtung“
Kontrastlos
Wenn ich schreibe, liebe ich es Kontraste aufzuzeigen. Ich begebe mich in die tiefsten Abgründe meines Seins, um anschließend den Sprung zurück ins Leben zu wagen. Ich zeige dir meine Schmerzen, mein Leid, meine persönliche Hölle. Ich reiche dir meine Hand, wir laufen gemeinsam durch die Dunkelheit und wenn wir diesen Weg zusammen überstanden haben, zeige ich dir den Lichtkegel am Ende des Tunnels. Vielleicht ist er nicht besonders groß, aber die Abgründe die wir hinter uns gelassen haben, lassen ihn umso strahlender leuchten. Die Dunkelheit verstärkt den Kontrast zum Licht. Meine Verzweiflung verstärkt die kleinen Momente der Hoffnung. Ich schreibe über meine tiefsten Abgründe, um den Kontrast zum Leben zu verdeutlichen. All diese Momente voller Dunkelheit, haben mich an diesen Punkt gebracht, an dem ich umso dankbarer für jeden einzelnen Moment ohne die Dunkelheit bin.
Wie schaffe ich es, nicht auf diesen festgefahrenen Selbsthass in mir einzugehen, welcher mich – gepaart mit der tiefgreifenden Überzeugung, dass ich ein Monster bin – einfach nicht loslassen wollte? Wie kann ich ohne all das auch nur ansatzweise verdeutlichen, wie viel Frieden es mir bringt, diese Gedanken loszulassen? Wie soll ich dieses Gefühl der Ruhe und Klarheit beschreiben, wenn ich nicht darauf eingehe, wie viel ich dafür aufgeben musste? Wie vielen Ängsten ich mich stellen musste? Wie viel vermeintliche Sicherheit ich dafür aufgegeben habe?
Ich liebe es Kontraste zu zeigen.
Doch schaffe ich es auch ohne die Düsternis der Schatten über das Licht zu schreiben?
Kann ich meine Dankbarkeit für das Leben zum Ausdruck bringen, ohne über die Momente zu schreiben, in denen ich so nahe am Tod war? Schaffe ich es die Lebendigkeit einzufangen, ohne auf die Vergänglichkeit einzugehen?
Kann ich diesen tiefen Frieden in mir irgendwie zum Ausdruck bringen, ohne über den jahrelangen Krieg zu schreiben, der mich einfach nicht loslassen wollte?
Kann ich die Wertschätzung mir selbst gegenüber zeigen, ohne auf die Stärke einzugehen, die ich für den Kampf gegen die Dunkelheit aufgebracht habe?
Doch wenn ich diese Kontraste weglassen würde, um dir die Dunkelheit zu ersparen, würdest du nur einen Bruchteil des gesamten Bildes sehen. Ich würde der Geschichte die komplette Handlung nehmen, nur um dir ein vermeintliches Ende zu zeigen, was eigentlich auch gar kein Ende ist.
Die Dunkelheit hat mich nicht verlassen. Sie ist immer irgendwie da. Sie wird wahrscheinlich auch nie vollkommen verschwinden. Doch jetzt weiß ich, dass es mehr als nur die Dunkelheit gibt. Jeder Tunnel hat Ausgänge. Und am Ende dieses Tunnels erwartet uns das Licht.
Auch wenn es sich manchmal nicht so anfühlt, es wird immer wieder hell werden. Licht und Schatten werden immer gemeinsam auftauchen.
Unser Leben besteht nicht umsonst aus
Kontrasten.
Eileen Kipp wurde im Jahr 2000 geboren. Ihre Leidenschaft für das Schreiben entdeckte sie bereits in ihrer Schulzeit. Was mit Tagebucheinträgen in einem Klinikzimmer begann, entwickelte sich im Laufe der Jahre zu aufklärenden Texten, welche sowohl düstere Einblicke in Tabuthemen bringen, also auch Hoffnung spenden können. Mit „Ganz ehrlich? Keine Ahnung.“ hat sie im September 2023 ihr erstes Buch veröffentlicht. Eileen studiert aktuell Psychologie, um zukünftig als Psychotherapeutin Kinder und Jugendliche aus ähnlichen Krisensituationen heraus begleiten zu können. In ihrer Freizeit tanzt sie leidenschaftlich gerne Ballett und Contemporary.
Gespräch mit dem #kkl-Kanal HiER
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