Eleonore Hillebrand für #kkl45 „Mutter, Vater, Eltern“
Mutter Mutter
Du kochst Suppe aus Resten
hungernde Blicke schauen
durchs Fenster herein
Sie schultern die Schüppen
die Hacken beißen sich
in Erde aus Lehm und Schweiß
der Graben wird tief
das Obst vertrocknet am Ast
die Suppe labt
heimlich die Zwangsarbeiter
für kurze Zeit
Fahl kamst du heim
vom Westwallgraben
den Körper voll Blau
geschändet als Frau
Dein Mund fand nicht
ein Wort des Klagens
Die Kinder sollten glücklich sein
du tanztest mit ihnen
weiter Ringelreih‘n
Vater Vater
Ich sehe dich graben
in Haufen von Papier
die Tinte ist noch nicht trocken
unter den Aktendeckeln des Unrechts
Am Abend massierst du
deinem Kind die Oberlippe wenn
die Radieschen sich röten
in der lockeren Erde
Der Überbiss könnte die Schönheit
der Mädchen entstellen
am weißen Eisenbett wehen
Gardinen aus zartem Voile
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*Texte aus der Endzeit des 2. Weltkrieges
Hillebrand Eleonore, geboren in Rees, aufgewachsen am Niederrhein,
ehem. Rechtspflegerin, lebt in Neuss.
Schreibt Lyrik und Kurzprosa.
Veröffentlichungen in diversen Anthologien und Zeitschriften.
Fünf Bücher im Skript-Verlag Wolfgang Reif, Neuss .
Seit 2013 ständige Autorin im SPIRITletter bei „PUBLIK FORUM“.
Fünf Jahre Leitung des Neusserautorenkreises mit Herausgabe einer Anthologie.
Drei Jahre Redaktion der Vereinsbroschüre „Der Gießerjunge“ des FDB.
Mitglied im FDA, Literaturbüro NRW, FDB, Die Gruppe 48.
2023 Literaturpreis des Freundeskreises Düsseldorfer Buch e.V.- FDB.
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