Das Funkeln im Dunkeln

Lina Lev für #kkl46 „Traum, Realität, Wirklichkeit“





Das Funkeln im Dunkeln


„Vertrauen statt auf die Angst bauen“,

„Zuwenden statt Abwenden“, flüstert mir ein Glühwürmchen.


Mich aus der Höhle der steinernen Mauern erhebend,

folge ich dem zarten, kleinen Wesen auf dunkeln Wegen.

Als fester Stein im fließenden Ozean mir begegnend,

hinrückend, und sich an verzückenden Momenten erfreuend,

kann ein Teil in mir,

trotz aller Logik,

nicht Aufhören das Alte zu bereuen.


Am Strande stehend, kaum noch bewegend,

auf ein Boot wartend, das in weiter Ferne längst am Horizont fahrend, verschwindet, und innerlich windet

sich in mir noch ein Tränlein nach dem anderen,

nicht erfassend, wie so viel Distanz zwischen das Boot

und mich nur kam, wie es geschah,

ehe ich mich versah,

dass es seine Segel zog,

und niemals mehr einen Kurs in meine Richtung bog.


Jahr um Jahr verging,

und innerlich sang ich immer noch


ein Lied ans Boot und seine Seglerin,

„bitte komm zurück, du wunderbare Gefährtin.“


Plötzlich kam am Strand ein Glühwürmchen daher,

erst nachts bemerkte ich es, und schätzte es sehr,

besann mich des Funkelns,

und folgte ihm im Dunkeln.


Es brachte mich an einen wunderbaren Ort,

eine Insel voller Magie, Fjord um Fjord.

Und nicht nur eines, sondern viele Glühwürmchen waren dort.


Einsamkeit, Zweisamkeit, Dreisamkeit, … in allem gibt es Gemeinsamkeit,

die Art, das Wie, in ihr zu sein,

entscheidet viel mehr über die ungemein

bedeutungsvollen Erfahrungen.


Alleine kann ich den Entbehrungen

meiner Wärme mich bekleiden,

im Eis baden, meinen Gaben

auf den frostigen Pfaden erhaben begegnen,

oder in der Kälte zu Grunde gehen.


Egal wohin ich jetzt ging,

kam mir immer wieder das Funkeln des Glühwürmchens in den Sinn,

und dennoch wünschte ich mir, auch die weit entfernte Seglerin, wäre hier.



Bis ich schwebte im zeitlosen Äther der Ewigkeit von Erden,

hoch über den Bergen, ummalt vom Funkeln der kleinen Wesen,

fähig ihr Leuchten zu lesen,

fliegend in die Weite,  mit ihnen ganz nah

Seite an Seite.





Lina Lev ist eine österreichische Tänzerin, Performerin und Choreografin, die auch als Dramaturgin, Poetin, Tanz- und Yogalehrerin, interdisziplinäre Kollaboratorin und Organisatorin von Kulturfestivals im europäischen Raum arbeitet. Sie kooperierte u.a. mit ImPulsTanz, danceWEB + ATLAS, Tanz im August, Open Spaces, Theater der Welt, Tanzbiennale, Heidelberger Stückemarkt, Tanz! Heilbronn und SEAD – Salzburg Experimental Academy of Dance. Auf ihrem künstlerischen Weg arbeitete sie mit Künstler:innen wie Cie. Willi Dorner, Deichkind, Patricia C. Mai, Katia Reshetnikova, Max Makowski, Anna K. Nemeth, Anna-Kristine Linke in Wien, Salzburg, Berlin, Hamburg, Bremen, Hannover, Hellerau und Tel Aviv. Zuletzt war sie Tourmanagerin von dem mobilen Literaturprojekt „StadtLesen“ und seit dem schreibt sie an ihrem ersten Roman.
 






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Veröffentlicht von Jens Faber-Neuling

Redakteur von #kkl Kunst-Kultur-Literatur Magazin, Autor, Trainer und Coach im Bereich Potentialentfaltung und Bewusstseinserweiterung, glücklicher Papa und Ehemann.

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