Matthias G. Kausch für #kkl46 „Traum, Realität, Wirklichkeit“
Morgenatmen
Der Tag bricht an,
die Felder atmen Hauch
in die Umgebung, die
nun gehüllt erscheint
in feinsten Feenstaub.
Noch liegt die Stille
über Feld und Flur
und nur die Sonne
wagt den ersten Blick
hinab in düstere Konturen,
die Welt des Tages
bricht erst an.
Der Feenstaub derweil,
er zieht in Himmelssphären,
gibt frei dabei den Blick
auf Wiesen, Sträucher, Wälder,
die wie in einem Märchenland
Konturen hauchen nicht
von dieser Welt.
So werde ich zum Kinde,
das eintaucht in dies fremde Welt
aus Wirklichkeit und Traum.
Herbstschauer
Der Wind bläst Regen ins Gesicht,
der tropft hinab die Haare, Wangen.
Fast schmeck ich Salzgehalt,
als wäre ich am Meer, am warmen,
und eine Welle bräche über mich
herein sehr sanft, wie Plätscherregen mehr.
So rede ich mir schön den feuchten,
kühlen Herbst, des Wassergüsse manchmal
mich erhaschen, wenn Hund führt aus mich Herrn.
Tät er nicht zittern, wenn er ruht beim Stehen,
ich tät fast glauben meinen Traum.
Traumwelten
Das Plätschern des Wassers am schmalen Bach
verkündet von Muße, von Ausruhen und Gleiten
hinab in ein Reich, in dem Träume die Wahrheit verdrehn.
Träume: all das Gewünschte, all das Gehoffte wird
darin wahr. Die Unwirklichkeit wird zur Tatsächlichkeit,
das Unmögliche wird plötzlich möglich. Ein Lottogewinn
macht die Schulden vergessen, Flucht vor sich selbst ist
passé. Vorbei auch der ewige Streit mit dem Partner,
die Traumfrau, der Traummann erlaubt dies nicht mehr.
Ein Urlaub in Kenia, ein Auftritt im Fernsehen, die Fans
jubeln freudig dir zu. Der erste Roman, den du doch nie
geschrieben, schlägt alle Rekorde, die Medien, sie buhlen
um dich. Die Kinder, sie sind wohlgeraten, Herr Doktor,
Frau Studienrätin. Der Bierbauch oder der Hängebusen
sind reine Makulatur. Gestählt ist der Körper, geformt sind
die Kurven, über Falten und Akne lächelst du nur. Doch
am Ende ist selbst der Bach nur ein Traum, erschrocken
schreckst du vom Schreibtisch: „Na, wieder geträumt?“
sagt der Kollege. Die Trauer erscheint.
Erwachen
Morgenrot.
Das Licht bricht sich im Netz,
wirft neue Schatten.
Erste Gedanken treten aus jenen,
bleiben dahinter verborgen.
Die Dämmerung spielt noch
mit schläfrigen Worten.
Auf den Masten der Straße
wandelt die ewige Seele
und weiß nicht wohin.
Kobolde sitzen in Bäumen
und richten das Leben.
Das Boot liegt längsseits im Hafen
– nur der Skipper ist fern –
und träumt von neuen Gestaden.
Vögel spielen mit Katzen
und jagen die Hunde,
die winselnd ihr Wolfsein ersehnen.
Gesichter in Spiegeln sind fremd.
Woher sie wohl stammen?
Gewässer fließen rückwärts statt vorwärts,
hinauf über steinige Klippen
und Lachse laichen im Meer.
Die Quelle sucht Ursprung
und endlich Erlösung.
Erwachen.
Jungfräulichkeit begleitet Erwachen,
bricht nächtlichen Rhythmus,
bricht sich den Schlaf,
bis Gedanken sich ordnen.
Das Bild von der Welt
wird gerückt in das rechte.
Es bleibt nur das Licht,
das sich bricht in dem Netze.
Momente nur
und Illusionen zerstieben
wie Staub auf dem Boden
beim Öffnen der Tür,
doch sammeln sich nicht zu neuen Gebilden,
zerstieben komplett, zerfallen, zerbrechen,
lösen sich auf ins unendliche Nichts
und schaffen nur Leere im geschlossenen Raum
des sich faltenden Körpers.
Ausgeträumt erwachen Gedanken
ins wirkliche Leben, entschwindet
der Traum in ein anderes Reich.
Zurück bleibt Erkenntnis, dass
Jenseits nicht Diesseits.
Und doch werden Bilder
wieder erscheinen
von Gedanken gezaubert,
und Illusionen das Leben verdrängen,
bis das Leben sie holt.
Traumwelt
Und hab am Abend
meinen Leib verlassen
und wandre still
und ohne Furcht
durch dunkle Nacht.
Nur Kobold lauscht
und Mäuse huschen,
wenn alles schläft
und Gassen wandeln sich
in mächtge Flüsse,
Leben mitzureißen.
Nur meines steht
im Schutz des Schlafs,
im Traum bin ich,
der wandert durch das Höllental,
mit Engelszunge sprech ich
mit dem Dämon,
der mir als Alb
im Traum erscheint.
Und schließlich kehr ich
heil zurück in meinen Leib,
als wär ich niemals fort gegangen.
„Matthias G. Kausch, geboren 1965, schreibt seit seinem fünfundzwanzigsten Lebensjahr. Nach dem Verfassen einiger Kurzgeschichten verlegte er sich ganz auf das Schreiben von Gedichten. Ersten Veröffentlichungen folgte eine längere Pause, die in eine intensive, neue Schaffensphase mündete.“
Über #kkl HIER
