Statussymbole der „Hirnbesitzer“

Anita Lang für #kkl47 „Symbolik“




Statussymbole der „Hirnbesitzer“

Die Bedeutung vieler Statussymbole ist allseits bekannt. Blitzschnell könne wir sie zuordnen. Wer beispielsweise einen Wagen einer sehr teuren Automarke besitzt, ist reich. Die Symbole des Geldes sind oft Gegenstände einer kaum erschwinglichen Designermarke. Oder man müsste sehr lange sparen, evtl. einen Kredit aufnehmen, um eine Handtasche, eine Uhr mit nach Reichtum klingenden Namen zu erwerben.

Von Ludwig van Beethoven ist eine Anekdote überliefert, nach der er auf einer Neujahrskarte die Bezeichnung „Hirnbesitzer“ unter seinen Namen schrieb. Dies war seine Reaktion darauf, dass ihm sein Bruder Neujahrsgrüße mit dem Zusatz „Gutsbesitzer“ übersandt hatte.

Hierzulande reden wir von einem „Kapazunder“, einer Kapazität auf seinem Gebiet, was Beethoven unbestritten war. Was könnte man zu den Statussymbolen für Hirnbesitzer rechnen? Im Falle eines Dirigenten wäre dies der Taktstock, ein simples, leicht herzustellendes Werkzeug. Der Dirigent benutzt ihn jedoch nur, wenn er vor seinem Orchester steht, in Ausübung seiner Arbeit. Sonst sieht man dem Dirigenten seine Fähigkeit nicht an. Er ist festlich gekleidet, ebenso wie die Musikerinnen und Musiker im Orchester. Passend wäre auch ein Notenschlüssel, Teil eines Notenblattes, auf dem ein Musikstück niedergeschrieben wurde. Diese sagen noch nichts darüber aus, wie dieses Stück wohl klingen mag. Ebenso wenig wie wir ein Buch, wenn es vor uns liegt, vorerst nicht wirklich einschätzen können. Das Cover gefällt, doch ist es ein intelligentes Buch?

Erving Goffmann untersuchte den Aspekt der Darstellung und schreibt in seinem Buch „Wir alle spielen Theater“, das 2003 erschien: „Dementsprechend empfiehlt es sich, denjenigen Teil der Darstellung des Einzelnen „Fassade“ zu nennen, der regelmäßig in einer allgemeinen und vorherbestimmten Art dazu dient, die Situation für das Publikum der Vorstellung zu bestimmen.“ Bühnenbild und Schauplatz, also Wohnung des Darstellers seien wesentlich. Zur persönlichen Fassade wären Amtszeichen oder Rangmerkmale, Kleidung, Geschlecht, Alter, Rasse, Größe, physische Erscheinung, Haltung, Sprechweise, Gesichtsausdruck, Gestik und dergleichen zu rechnen. Als Symbole der Tüchtigkeit und auch der Intelligenz könnte man Orden und Auszeichnungen sehen. Amtsroben als Zeichen, dass man einen Studienabschluss in einem Fachbereich erreicht hat. In Bereichen, in denen Uniformen getragen werden, sind Rangmerkmale besonders deutlich zu erkennen. 

„Wir erwarten eine gewisse Kohärenz zwischen Erscheinung, Bühnenbild und Verhalten. Eine solche Kohärenz bildet den Idealtypus“, erklärt der amerikanische Soziologe. „Wenn wir jedoch unser Augenmerk auf die Ausnahme davon richten, dann steht dem Forscher der Journalist zur Seite.“ Die Zuseher prüfen den Darsteller auf seine Echtheit. „Denn die Abweichungen von dem erwarteten Zusammenhang zwischen Bühnenbild, Erscheinung und Verhalten bedingen Glanz und Pikanterie zahlreicher Karrieren.“

Wir spielen unsere Rollen im Alltag, Hauptrollen und Nebenrollen in mehreren Varianten. Eine Frau kann beispielsweise um zehn Uhr Kundin in einem Supermarkt sein, später am Tag wieder Mutter, abends Schülerin in einem Kurs. Wir sehen ein Prestigesymbol und schätzen den Menschen, dem wir eben erst begegnet sind, aufgrund unserer Erfahrung ein. Das ist der erste Eindruck, der im besten Fall sympathisch ausfallen kann. Erst bei näherer Betrachtung erkennen wir das Verhalten einer Person. Dann hält dieser Eindruck unserem kritischen Blick stand, oder wir bemerken, dass etwas nicht stimmt. In diesem Fall sind wir einer Täuschung aufgesessen. Ein Symbol, ein Kennzeichen oder ein Logo wären die Eintrittskarten. Wenn es hält, was es verspricht, glaubt man dem Darsteller.

Die Symbolkraft früherer Kulturen sagt uns heute, welche Werte in ihrem Zusammenleben wichtig waren. Der moderne, aufgeklärte Mensch präsentiert sich gerne nüchtern und sachlich. Doch gleicht er nicht, umgeben von Firmenlabels, den Symbolen der Unternehmen, dem Druiden, der sich darauf versteht, die Zeichen zu deuten?




Anita Lang lebt in Wien. Ihr Berufsweg führte als Assistentin in die unterschiedlichsten Bereiche. Zum Journalismus und zum Kreativen Schreiben kam sie über das Fernstudium.

http://annylangwriter.at

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Veröffentlicht von Jens Faber-Neuling

Redakteur von #kkl Kunst-Kultur-Literatur Magazin, Autor, Trainer und Coach im Bereich Potentialentfaltung und Bewusstseinserweiterung, glücklicher Papa und Ehemann.

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