Meinungen

Luna Day für #kkl47 „Symbolik“




Meinungen

Ich habe nie wirklich viel von Malen gehalten, geschweige denn Kunst, daher ist der Ausflug in die Galerie mit meinen Freundinnen nicht das gewesen, was ich mir an einem Samstagabend vorgestellt habe. Und doch stehe ich hier und sehe mir Gekritzel an, was mir nichts sagt. Freundinnen, die vor diesen sogenannten Meisterwerken stehen und sich über den Sinn unterhalten, als wenn sie schon auf hunderten Ausstellungen gewesen sind.

Ich jedoch kenne leider die Wahrheit über sie und stehe Augenverdrehend hinter ihnen. Den schuld an dieser ganzen Theateraufführung ihrerseits ist ein neuer Bekannter von Lisa, einer meiner Freundinnen, die alle irgendwie der Meinung sind, sie müssen ihn umgarnen. Ich wiederum habe diesen ominösen Fremden nicht mal zu Gesicht bekommen, da ich in letzter Zeit sehr viel arbeiten musste. Was ein weiterer Punkt ist, dass ich hier eigentlich nicht sein will.

Das Bild, was sie nun betrachten, erinnert mich an eine Wiese mit lauter Kuhfladen. Ein Grün in grün mit grünen Flecken und grünen irgendwas – Grün also.

»Wie kann man nur so lange darüber reden?«, frage ich mich leise. Manchmal führe ich Selbstgespräche. Nicht nur, um mal wieder etwas zu sagen, um vielleicht zu signalisieren, ›hey, ich bin auch noch da‹. Nein, auch ganze Dialoge können entstehen, die mich das eine oder andere Mal auch schon auf die besten Ideen gebracht haben. Doch dieses Mal werde ich ignoriert. Munter geht es um Farbnuancen und Pinselstruktur. Mein Kopf hingegen will einfach nur, dass es vorbei ist.

Beim vorbeigehenden Kellner schnappe ich mir ein Glas Sekt und suche eine Sitzgelegenheit. Aber daran hat man hier nicht gedacht. Warum sollte man es den Gästen auch bequem machen?

Endlich gehen sie einen Schritt weiter. Ich stehe jetzt neben dem Kuhfladen und kann nur den Kopf schütteln.

»Finden Sie es nicht gut?«, fragt ein Mann hinter mir.

Mit heißen Wangen drehe ich mich zu ihm. Ich fühle mich ertappt und irgendwie beschämt es mich. »Äh, sagen wir so, in der Natur will ich das nicht sehen, ich würde mir das niemals in mein Wohnzimmer hängen.« Ich sehe kurz auf den Preis. »Und schon drei Mal nicht für den Preis.«

»Was gefällt Ihnen, wenn nicht ein Kleeblatt?«

»Kleeblatt?«, frage ich. Er zeigt auf das Schild mit dem Preis und dem Titel. Jetzt glüht mein Kopf noch mehr. »Äh, als Kleeblatt hätte ich das jetzt ehrlich nicht gesehen.«

»Sondern?«

Ich beuge mich vor. »Kuhscheiße«, sage ich so leise, dass er es gerade noch hören kann. Hoffe ich zumindest.

Er blinzelt, sieht zum Bild und beginnt zu lachen. »So betrachtet könnten Sie Recht haben.«

»Ich will dem Künstler nicht auf die Füße treten, aber ich glaube, in der Schule sagte man dazu Thema verfehlt.«

»Oder man verbucht es unter künstlerische Freiheit.«

»Könnte man. Aber das Symbol für Glück so aussehen zu lassen wie … Sie wissen schon, was ich meine, hat nichts mehr mit künstlerischer Freiheit zu tun.«

Er dreht sich etwas zur Seite. »Und was denken Sie über diese Vase?«

»Als Vase hätte ich das Ding nicht identifiziert. Eher als komischen Mülleimer. Ich glaube, vorhin hat da jemand sogar eine Serviette hineingeworfen. Da fehlt also das Müllzeichen.«

»Sie haben nicht viel mit Kunst an sich zu tun, oder?«

»Nein, warum?«

»Weil Sie ein direkter Mensch sind, und diese Gattung ist selten, aber auch erfrischend, weil Sie einen ganz anderen Blick haben.«

Ich zucke mit den Schultern.

Er mustert mich. »Was machen Sie dann eigentlich hier?«

Seufzend nicke ich zu meinen Freundinnen. »Sie sind wegen dem Künstler hier und tun so, als wenn sie über die Ausstellungsstücke philosophieren.«

»Ich bin übrigens Nicolas.«

Nun beginnt mein Gesicht zu brennen, als ich das Puzzle zusammensetze. »Ähm ja.« Kurz einen Schluck des warmen Sektes in meiner Hand nehmend, sage ich: »Ich werde es nicht zurücknehmen, dass dies schon mal klar ist. Das ist meine Meinung und die ändere ich nicht, nur weil Sie sind, wer Sie sind.«

»Dann bist du also Veronika. Die, die ständig beschäftigt ist.«

»Schuldig im Sinne der Anklage.« Ich versuche zu lächeln. »So ist das eben, wenn man selbständig und alleine im Unternehmen ist.«

Er zieht seine Mundwinkel nach oben. »Kenn ich, wenn mich meine Muse küsst, bin ich auch ständig beschäftigt. Es ist eben mein Leben.«

Irgendwie bin ich erleichtert, dass mir meine mangelnde Zeit aufgrund der vielen Arbeit nicht wieder vorgehalten wird.

»Aber dennoch hoffe ich, dass ich nicht bis zur nächsten Ausstellung warten muss, um deine Meinung zu hören.«

»Ob du dir das wirklich anhören willst, bezweifle ich.«

»Was anhören?«, fragt Lisa neben mir. Ich zucke zusammen und sehe sie tadelnd an.

»Hallo Lisa«, sagt er darauf und umarmt sie kurz. »Veronika ist schwer zufriedenzustellen. Sie hat einige Kritik.«

Lisa tätschelt seine Wange. »Du armes kleines Klünstlerchen, das ist doch schwer auszuhalten, wenn dich nicht alle Welt lobt.«

»Pff.« Er dreht sich ab. »Ich kann sehr wohl mit Kritik umgehen.« Sein Rücken verschwindet zwischen den anderen Menschen.

Lisa verkneift sich das Lachen und räuspert sich. »Kann er schlecht«, flüstert sie mir zu.

»Ich weiß nicht«, meine ich, »bei mir scheint er zumindest zu verstehen, dass ich die Symbolik seiner Bilder nicht verstehe oder wiedererkenne.« Ein Kellner kommt vorbei, der mein Glas bekommt. »Aber für mich ist jetzt auch Schluss. Ich mag das hier nicht und darum gehe ich ins Ben, da kann ich wenigstens sitzen und ne gute Pizza essen.«

Nun lacht sie laut und nickt. »Ich hol die anderen.«

Kurz blicke ich über die Köpfe der Anwesenden. Nicolas steht mit einem Mann an einem Bild und redet mit ihm. Ich will ihn nicht stören, darum hebe ich nur die Hand. Er winkt mir und ich gehe hinaus.




Luna Day wurde 1982 in Wertingen geboren und wuchs in Augsburg auf, wo sie immer noch mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern lebt. Ihre Liebe zum Schreiben entdeckte sie durch Harry Potter und Roll-Play-Games-Fanfiction in Foren. Sie verfasst Kindergeschichten, aber auch Fantasy- und Liebesgeschichten. Trotz ihrer Lese-Rechtschreib-Schwäche hat sie bereits einige Geschichten in Anthologien unterbringen können. Ihre erste Novelle erschien im März 2021.Ausschreibungen







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Veröffentlicht von Jens Faber-Neuling

Redakteur von #kkl Kunst-Kultur-Literatur Magazin, Autor, Trainer und Coach im Bereich Potentialentfaltung und Bewusstseinserweiterung, glücklicher Papa und Ehemann.

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