Sina Scheiner für #kkl48 „Vernunft“
Das stumme Gesetz
„Sei vernünftig,“ sagten sie, als ob Vernunft ein unsichtbarer Faden wäre, der das Chaos des Lebens in klare Bahnen lenken soll. Doch für mich fühlte sich dieser Faden an wie Stacheldraht – er schnitt ein, formte, hielt mich fest. Was ist Vernunft? Ein Schlüssel zu einer Welt, die ich nie betreten durfte, oder eine Mauer, die mich davon abhält, wirklich frei zu sein?
In ihrer Definition von Vernunft ist alles geordnet, wie ein Gemälde ohne Kontraste – leise, glatt, farblos. Aber was, wenn ich lieber ein stürmisches Meer wäre, das sich nicht in die Form einer Vase gießen lässt? Sie sagen, Vernunft sei der Leuchtturm, doch für mich ist sie nur Nebel, der die Sicht auf das Abenteuer verdeckt.
Vielleicht ist Vernunft nichts anderes als ein unsichtbarer Käfig, von innen verschlossen. Die Schlüssel, sagen sie, sind Mut und Maß. Aber ich frage mich: Wie soll ich diese Schlüssel finden, wenn ich nie das Chaos erleben durfte, aus dem sie geschmiedet sind? Vielleicht ist Vernunft nicht die Antwort, sondern die Frage, die ich erst stellen muss, wenn ich gelernt habe, über die Stränge zu schlagen.
Sina Scheiner
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