Ansgar Eyl für #kkl49 „Ablenkung“
Weltraumlaminat
Leuchtende Dreiecke auf einem Doppelbildschirm blendeten das Innerste der Augenaufschläge. Mit den zerkratzten Fingernägeln fingen wir Blicke. Die Brustkanten überzeugten uns, kleine endogene Rinnsale flossen in unsere Hormonströme und mündeten in einem erdachten Meer der Möglichkeiten.
Die Bretter in den Fäusten stürzten wir in die azurnen Wolken und glaubten die Erde könnte trotz ihrer kugeligen Form Kopf stehen.
Den Hammer in der Hand wollte ich Sterne festnageln und Baumkronen zu Windmühlen umbauen.
Ich schuf Stein, Beton und Stahl und empfand endlich das Glückgefühl, das alle Strebenden eines Tages beschleicht.
Unsere Zehen wurden von Wolken gekühlt, während einsame Sonnenzacken vergebens auf bebende Erdlippen zielten.
Die Herzen hämmerten und der offenliegende Fluss unserer Gedanken regnete in metertiefe Gefühlsozeane hinab, so dass nur noch eine polierte, reflektierende Oberfläche übrigblieb.
Die Tastaturen ratterten und raubten die Illusion einer ewigen Stille.
DIE AUSBREITUNG
Die Gegenstände des kleinen Zimmers stachen ins Auge und zerschnitten Territorium.
Pixelgedanken reizten Passionen und auch Tiere flohen vor dem Brandgeruch, der aus den Poren der Laptops drang. Die Zunge des Doktoranten kreiste um die Wasseroberfläche innerhalb des Glasgefäßes.
Das Klirren und die Scherbenbahnen kamen immer näher. Er stand kräuterrupfend auf einer Karstfläche, die ehemals zu einer bebauten Betonlandschaft gehört hatte. Ein Experiment der Wissenschaft, dachte jemand, der anonym bleiben wollte, und kratzte sich eine blutige Bahn in die Stirn.
´Hoffentlich halten sie die Datenschutzbestimmungen ein´, dachte dieser ungenannte Zeuge des Spektakels. Man führte ihn gefesselt ab und sperrte ihn in ein feuchtes Erdloch, damit ihm seine Leidenschaften für die Freiheit vergehen würden.
Die Gefühlsteppiche ließen Staub entweichen. Im gedachten Raum wurde es dämmrig und die Finger suchten Lichtquellenschalter.
Mikroskopisch kleine Informationen huschten über die Lebenslinien der Handinnenflächen.
Das Winken ging über in eine zuckende Faust.
Die Nüstern des Tabletts öffneten sich und bliesen die letzten Wohnzimmeremotionen hinweg.
Bakteriensputum
Das Grinsen explodierte zu einem Geheul, Arme fielen in das Gemälde des Weltalls über ihrem nickenden Kopf. Die Neoprenmasken musste man schon lange nicht mehr tragen. Der Atmosphäreneignungstest fiel positiv aus.
Ein philosophisches Pamphlet „Das Lachen“, flatterte digital über die Mikrobildschirme in den Handinnenflächen. Lebenslinien glitzerten und wirkten faserig.
Der Mond zeigte besonders viele Krater und gewann eine schwarzgraue Farbe. Doch das Kitzeln an ihrem, langen, schmalen Hals hielt an. Die Pupillen kreisten und einer rief, dass man die Ringe des Saturns sehen könnte. Doch sie hörte den anderen nicht zu. Sie sabberte mit strahlendweißen Zähnen und flüsterte:
„Ouh…“, sie hielt ein Leintuch vor den winkeligen Teil der Lippenenden. Zungen prallten auf Erdkrumen, das Schürzen erzeugte endlich Pfeiftöne.
`Die zusätzlichen Geräusche der umliegenden Felder fielen übereinander her. Geist und Psyche versuchten am Nacktstrand des Seelenheils zu kopulieren. Aufgrund verschiedener Blutgruppen blieb die ganze Geschichte freudebereitend aber fruchtlos. ` Sie dachte zu viel.
Die Wippende erwachte im Reflektieren des Abendrots mit der gleichen Mimik, wie vor dem Einnicken. Der Lippenstift rann über das Kinn, Lidschatten zierte die Jochbeine und das Blecken der vanilleweißen Zahnreihen half nicht mehr.
Man fing sie auf, als sie auf der großen Freiluftbühne, nach dem Tanzen, auf die Blanken zu fallen drohte.
Sie lächelte weiter in ihrer tiefen Bewusstlosigkeit.
Ansgar Eyl, geboren am 17.06.1969 in Neuwied. Er veröffentlichte in Anthologien und Literaturzeitschriften, lebt in Kleinmaischeid im Westerwald,
Einzelveröffentlichung: „Orangensaft“-Lyrik im Mauer-Verlag, Ansgar Eyl veröffentlichte bislang Prosa und Lyrik, u.a. in Axel Kutsch´ versnetze´1- 14 kontinuierlich vertreten. Publizierte in Anthologien und Zeitschriften.
Internationaler Lyrik-Wettbewerb ´Sannio´- in Italienisch-deutscher Anthologie-1997 veröffentlicht u.a.
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