Mein Bett

Viktoria Platzer für #kkl49 „Ablenkung“




Mein Bett

Lage um Lage weicher, weißer Decken. Unter einem Turm von Polstern findest du mich. In einem Paradies aus Bequemlichkeit und Fadesse, welche ich an keinem anderen Ort zu zelebrieren wage. Wenn die Sonne untergeht, ziehe ich die Decke bis zu den Ohren, nur um sie bei Sonnenaufgang wieder abzustreifen, wie ein Paar alter Socken.

Mein Bett – so einfach in seiner Konstruktion aus langen, dunklen Eichenbalken – so schön und heilsam seine Ästhetik und Rolle in meinem täglichen Leben. Wenn mein Bett sprechen könnte, würde es ganze Bände an Romanseiten füllen.

Als zentraler Ort der Liebe, der Erholung und der Rast; Wo Gedanken sich im Kreise drehen, die wildesten Träume geträumt und die Probleme des Alltags, noch bevor die Augen geschlossen werden, Ansprache finden.

Ein Ort, an dem ein Wechselbad der Gefühle stattfinden darf. Dort, wo Lust und Unlust aufeinander prallen, die ersten Geburtswehen ausgestanden wurden, Traurigkeit sich breit gemacht und Tränen geflossen sind, Krankheiten ausgestanden und Ruhe gegönnt wurde.

Liebesakt und Schlafphasen reichen sich hier sozusagen die Hände. Auf Sonnenschein folgt Nacht, auf Leere und ordentlich gefaltete Decken ein Tumult aus Stofftieren, Tuchenten und imaginär gebauten Vogelnestern der größeren Tochter.

Versiegt sind längst Schweiß, Tränen, Babykacke, Samenerguss und Monatsblutung. Mir fällt eigentlich kein zweiter Ort in meinen vier Wänden ein, wo so viel menschlicher Ausfluss – wenn auch teils ungewollt – stattfindet. 

Mein Bett umgibt morgens eine Aura abgestandener Luft, sodass täglich Vorhang und Fenster aufgerissen werden, um frische Luft einzulassen. Wenn dann das Sonnenlicht durch das nächstgelegene Fenster bricht, zeichnen die so entstandenen Schatten je nach Uhrzeit lange schwarze Balken, in die sonst so weißen Decken.

Mein Bett ist der Ursprung meines Familienlebens. Hier nahm unsere Familienplanung allen Anfang. Über neun Monate hinweg hat mein Bett mit mir zwei Kinder getragen, um schlussendlich diesen Kleinchen auch als Schlafkoje zwischen mir und meinem Mann zu dienen.

Doch mein Bett ist längst nicht mehr “nur” mein Bett. Mein Bett ist ein Ort, den ich mit meinem Mann, unserer Tochter und unserem Baby in einem bunten Reigen aus Gefühlen und Bedürfnissen immer wieder teile. Ein unscheinbarer Ort, aber zentraler Angelpunkt unseres gemeinsamen Lebens.




Viktoria Platzer arbeitet als selbständige Grafik-Designerin vorallem an Markenauftritten und Magazinen. Mit Hingabe schreibt Sie Gedichte und Prosa-Texte und verwebt darin Ihre alltäglichen Erlebnisse und Gedanken.






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Veröffentlicht von Jens Faber-Neuling

Redakteur von #kkl Kunst-Kultur-Literatur Magazin, Autor, Trainer und Coach im Bereich Potentialentfaltung und Bewusstseinserweiterung, glücklicher Papa und Ehemann.

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