„Wir müssen …?“

Frederik Wolfgang Kloiber für #kkl49 „Ablenkung“




„Wir müssen …?“

Der österreichisch-britische Philosoph Karl Popper sagte einmal:“ Die Zukunft ist offen. Sie hängt von uns ab – von uns allen.“ Eine der größten Gefahren der Gegenwart ist die unreflektierte Radikalisierung, die wie eine Seuche in unsere Gesellschaft eingezogen ist. Blockbildung mit garantiertem Konfliktpotential. Anschließend folgt der übliche politische Informationskrieg. Ok! Es reicht! Zeit für ein bisschen Ablenkung und Reflektion!

Die Notwendigkeit, emotionale Hygiene zu betreiben, um bei klarem Verstand zu bleiben, ist unabdingbar! Ein Blick auf das allabendliche TV-Schlachtfest reicht, um zu verstehen, dass wir uns in einer tumultartigen Zeit befinden, die den Krieg um die Deutungshoheit in der Wahl unserer gesellschaftlichen Zukunft darstellt. Entreißung! Wir lassen uns unsere ganz natürliche Selbstbestimmung entreißen und das offenkundig freiwillig. Wir erlauben es, dass Angst unser Leben bestimmt. Wir erlauben es, getrieben zu werden. Zeit für eine Tasse Kaffee und ein bisschen Zeit, um zu reflektieren, was Realität ist und was Fiktion bleibt. 

„Was wir müssen?“ Ich spreche für mich selbst und nehme mir nicht die Arroganz heraus, für andere Menschen zu sprechen! Ich glaube, dass ich als Mensch einem gewissen Kodex zu folgen habe. Ich greife niemanden physisch an und bestehle ihn oder, Gott bewahre, nehme ihm das Leben.  Ich halte mich fern von allen Dingen, die mich in den Konfliktbereich mit dem Strafgesetzbuch bringen! 

Worte werden repetiert wie ein hysterischer Tinnitus. Du musst! Du musst! Nein – muss ich nicht! Wenn ich nicht will, dann will ich nicht! Ich erinnere mich an diesen politischen Stand nahe einem Einkaufszentrum, das ich gelegentlich frequentiere. Die junge Frau versuchte, meine Einstellung zu beeinflussen, dabei wollte ich nicht mit ihr reden. Die Fehler ihrer Partei? Sie benutzte immer wieder das Wort „Menschlichkeit“, um von diesem Fehler abzulenken. Irgendwann hatte ich genug und ließ sie einfach stehen. Wenn aber die Menschlichkeit des einen die Menschlichkeit des anderen verfallen lässt und der andere den höchsten Preis zu zahlen hat, was soll die Menschlichkeit dann wirklich sein?

Am selben Tag traf ich einen Freund, mit dem ich Schach spiele. Ich berichtete ihm von dem, was mir widerfahren war, und er begann zu lachen. Er fragte: „Warum regst du dich noch auf?“

Es gibt Worte, die rechtfertigen einfach alles, und ihre Macht ist nicht brechbar, ehe sie der Mensch voller Ekel und Widerwille selbst zerschlägt.

Gerald Grosz, ein österreichischer Politiker, mit zugegeben ein paar Problem-Bemerkungen und damit verbundenen Geldstrafen, ließ einen vom Stapel, der es in sich hatte. Man muss schon bemerken, dass es unglaublich arrogant ist, wenn deutsche Politiker anstatt die Probleme im Land zu lösen immer weiter und weiter anderen Ländern erklären wollen, wie sie was zu tun haben. Diese Strategie der Ablenkung von den Problemen ist unglaubwürdig und es wäre schön, wenn ich Konversation mit österreichischen Freunden betreiben könnte, ohne auf Olaf Scholz und seine Trümmerlottenbude SPD angesprochen zu werden!

Aus einem emotionalen YouTube-Beitrag, bei dem Herr Grosz ein wenig die Beherrschung verlor, aber dennoch die Wahrheit aussprach:

„Olaf Scholz mit verreckten 13 Prozent Masochisten in Deutschland, okay? Der Kanzler mit 13 % Wählerzustimmung will uns in Österreich ausrichten, was eine 30-Prozent-Partei macht? Ist abgeputzt wie ein Christbaum zu Maria Lichtmess! Die Glocken sind weg! Die Kugeln sind weg – bei dem ist alles weg! Hat im Übrigen auch kein Hirn! Stichwort Cum-Ex: Dement, ist vergesslich, ist nicht amtsfähig. Sie glauben wirklich, die SPD in Deutschland und der Herr Merz, der gerade von der AFD überholt wird, sollen uns in Österreich erklären, was wir zu tun haben? Die sollen einmal ihren eigenen Scheißdreck fertigbringen – und sie sollen sich an Österreich orientieren! […] Quelle: YouTube-Kanal @Deutsche Politik“ Warnung: Beim Lesen folgendes beachten, es handelt sich um einen Kanal der AFD. Der Essayist ist absolut politisch „Neutral“ und mag strikt keine einzige der verfügbaren Parteien.

Bedauerlich an dieser Zeit ist die Vorhersehbarkeit. Es läuft immer dieselbe Platte. Unglück! Bestürzung! Empörung! Forderungen! Übergang zur Tagesordnung! – und dann das Vergessen. Man muss leidlich dämlich sein, um darin etwas Ungewöhnliches zu sehen. Obgleich die, die auf der Strecke bleiben, sicher keinen Humor empfinden können.

Was heute so alles wichtig ist? Unglaublich! Es ist schon ein Weilchen her, da hatte ich das zweifelhafte Vergnügen, im Stau zu stecken. Unfall? Nein, nein, ein paar Verirrte haben sich auf der Straße angeklebt. Mei, wenn man’s braucht? Was ich aber nicht gebrauchen konnte, war die Tatsache, dass mir die Blase drückte. Es wäre freundlich, wenn das Luiserl oder eine ihrer Freundinnen mal begreifen könnte, dass es manchmal eilt. Nein, nein, ich habe nicht mit diesen Leuten diskutiert, das kann man getrost vergessen. Ich bin ausgestiegen, hab mir ein Bäumchen gesucht und eine saftige Strafe wegen Pinkelns in der Öffentlichkeit gerade noch abwenden können. Der Polizist hatte Mitleid und verstand die Situation. Problem war, wenn man einen dieser Demonstranten anpackt, dann wird’s teuer. Wie man klagt, das wissen die sehr wohl.

Jetzt ist das Klima ja durchaus wichtig, ohne Frage. Aber die Hysterie, die aus dem Thema erwächst, lenkt von der eigentlichen Problematik und Ursache voll und ganz ab. Wie Praktisch? Konsumverhalten wäre so ein Kernproblem der Diskussion. Wenn man ständig neue Klamotten braucht? Die müssen ja irgendwo hergestellt werden – nicht wahr? Oder Urlaub im Ausland, da muss man ja erst mal hinkommen. Das ist so typisch deutsch! Ein Thema poppt auf und alle drehen durch. Pro und Kontra wird zum Klassenkampf und am Ende ist es ein Satz mit X. E-Autos, schöne Idee, haben nur ein paar Probleme. Klimabilanz furchtbar! Erschwinglich, wenn man das nötige Kleingeld verdient. Strom? Ja, wer ihn sich noch leisten kann? Nochmal zum E-Auto! Der Kollege mit dem Adolf-Hitler-Gedächtnisgruß, der gerade einige ausflippen lässt? Was man so hört, na ja, seine Kisten haben schon so ein paar Probleme am Start. Diese futuristische Misshandlung namens Cyber-Truck? Joah, brauch da mal ein Ersatzteil! Oder viel besser: Warte mal ein bisschen, bis die Gewalten der Natur guten Morgen zur Karosserie gesagt haben. Mein Fazit zum Klima ist, dass es einträglich ist, mehr aber sehe ich noch nicht. Warum eigentlich?

Ich mache mir um die viel zitierte Zukunft keine Gedanken. Die Zukunft ist entweder tot oder eingeschlafen. Irgendwann, wenn wieder ein wenig Verstand einzieht, wird sich alles ändern. Zurzeit ist die Gottheit Smartphone alle schön am Ablenken. Interessant, wenn man bedenkt, wie viel Zeit dieses Smartphone auffrisst: Wie ein reisender Löwe frisst es des Menschen Lebenszeit auf.

Ich habe mir schon überlegt, Taschendieb zu werden. Unglaublich, wie oft ich Bekannten (Damen) schon das Portemonnaie aus der Tasche mopsen konnte. Immer wieder amüsant, wenn man dann zuschaut, wie verzweifelt sie danach suchen. Was noch amüsanter ist, ist, dass sie jedes Mal vergessen haben, dass ich ihnen das Portemonnaie schon mal geklaut habe. Gedächtnis wie ein Nudelsieb, was sie nicht vergessen, ist dieses Smartphone. Unglaublich …

Natürlich gab ich das Smartphone jedes Mal zurück. Obwohl ich mir manchmal schon gedacht habe, ob das überhaupt Sinn macht. Immerhin, der Lerneffekt blieb aus und das Drama ging weiter. Aus boshafter Neugierde habe ich mal dabei zugesehen, was da so angeschaut wird, und mein Glaube an die Menschheit war zerschlagen, wie das sprichwörtliche Porzellan.

Immer wenn ich sie sehe, wie ihr Blick auf das Smartphone gerichtet ist, erfüllt mich ein kalter Schauder. Sklaverei kennt viele Formen … Wehe aber, wenn diese Verbindung unterbrochen werden soll. Dramen, wie sie sich die Dramatiker vergangener Zeitalter niemals vorstellen konnten, entfachen ihr Feuer bis hin zur Auszehrung selbst. Der Vater des Dramas Thespis hätte seine große Freude an unserer Zeit. Den Chor, den er bräuchte, um die Tragödien unserer Zeit darzustellen? Man könnte behaupten, dass Arbeitslosigkeit im Anschluss Geschichte wäre …

Die Flut an Informationen überfordert einfach zu viele Menschen und darin liegt die ganz, ganz große Gefahr. Wir leben in einer Schmierenkomödie. Einem Ballett der Eitelkeiten und unnötigen Notwendigkeiten. Enthemmter Narzissmus und eine freizügige Zügellosigkeit. Vom Fokus auf die Erhaltung der emotionalen Unversehrtheit entrissen, wie ein Schiff vom Kurs auf stürmischer See. Ich habe in meinem Leben keine Zeit gesehen, die so beschleunigt war wie die Gegenwart. Obszön grinsend zerreißt der Wahnsinn des Menschen Seele und sie folgen ihm, wie die Ratten dem Rattenfänger. Hörig den neuen Göttern, marschierend in eine düstere Dämmerung.

Ablenkung? Reichlich vorhanden und niemals weniger werdend? Wehe, aber du machst den Menschen auf seinen Irrweg aufmerksam!? Zerreißen wird er dich mit Worten und Händen. Aus einem „Freund“ wird ein „Feind“, der sich in seinem Zorn nicht mehr erkennen lässt. So schweigt sich aus Vorsicht und später aus Gewohnheit, wer will schon seinen eigenen Frieden zerschlagen sehen?

Die Frage, die bleibt, ist einfach: Warum soll der Mensch abgelenkt sein und sein Leben vergeuden? Die Antwort wird bereits freudig erwartet …




Frederik Wolfgang Kloiber, Schriftsteller – Essayist – Poet, geboren am 11. August 1978 in Nordbayern, in unmittelbarer Nähe zur Grenz der ehemaligen DDR… Der Autor verlebte eine glückliche Kindheit, die von einer Leidenschaft zu Büchern geprägt war. Wie in jedermanns Leben, kam es auch im Leben des Autors zu Schicksalsschlägen. Einer dieser Schicksalsschläge führte den Autor in Berührung mit den Werken von Franz Kafka, die bis zu heutigen Tage für den Autor von entscheidender Bedeutung sind. Findet er in Kafkas Zeilen seinen Frieden, die Kraft selbst zu schreiben.

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2020 „Feuer im Ghetto“ – Anthologie Ulrich Grasnick Lyrik Preis 2021 – ISBN:978-3-947215-96-6

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Veröffentlicht von Jens Faber-Neuling

Redakteur von #kkl Kunst-Kultur-Literatur Magazin, Autor, Trainer und Coach im Bereich Potentialentfaltung und Bewusstseinserweiterung, glücklicher Papa und Ehemann.

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