Adela Koller für #kkl50 „Hingabe“
Wenn Hingabe zur Bürde wird – Eine Geschichte über das Leben
„Ich habe mich meinem Leben hingegeben“, sagte sie mir, während ich tränenüberflutet an ihrem Krankenbett saß und ihren letzten Worten zuhörte. Was meinte sie damit? Wollte sie mir damit sagen, dass sie das Leben erstickt hat und sich unfreiwillig darauf einlassen musste?
Anne war der Name der Frau auf dem Sterbebett. Anne, ich vermisse sie. Anne hatte ein Leben, ein Leben, auf das sie sich einlassen musste, ohne jegliche Wahl zu haben. Ihr Leben erstickte sie, es erwürgte sie regelrecht. Sie fühlte sich zwar nie allein, war aber trotzdem sehr einsam und verlassen. Anne ging zur Schule, später zur Universität und danach zur Arbeit.
Sie lebte in Wien in einer kleinen Wohnung. Aufgewachsen ist sie in Konstanz mit ihren beiden Schwestern. Ihre Kindheit war nicht schrecklich, besonders schön jedoch auch nicht. Sie konnte sich an vieles aus ihrer Vergangenheit nicht mehr erinnern, und auf Fragen zu ihrer Kindheit fand sie keine richtigen Antworten.
In die Universität ging sie nicht ungern, aber auch nicht besonders gerne. Sie wartete darauf, dass der Unitag schnell vorbeiging, sie die Prüfungen positiv absolvierte und den Tag gut überstand. Somit vergingen die letzten Jahre schnell, und auf einmal hatte sie ihren Abschluss.
Anne ging die nächsten 30 Jahre zur Arbeit. Die Arbeit war etwas, das erledigt werden musste, sie brauchte das Geld. Sie ging nicht besonders gerne, jeder Tag fühlte sich an wie eine Qual. Es fiel ihr schwer, aufzustehen. Es fiel ihr nicht nur schwer – manchmal fühlte es sich unmöglich an. Trotzdem erschien sie jeden Tag bei der Arbeit.
Jetzt sitze ich hier im Krankenhaus mit Anne. Als ich sie ansah, konnte ich nichts Lebendiges in ihrem Gesicht erkennen. Ihre Augen strahlten nichts als tiefste Traurigkeit und Unzufriedenheit aus. Sie schwitzte stark und war sehr mager, fast fiel sie auseinander – sie bestand ausschließlich aus Knochen.
Angestrengt sprach sie weiter: „Ich habe mich der Schule neun Jahre lang hingegeben. Ich habe mich sechs Jahre lang dem Studium hingegeben. Ich habe mich 30 Jahre lang der Arbeit hingegeben.“
Das war es also? Ihr Leben? Anne liebte nicht. Anne lachte nicht. Anne lebte ein Leben, dem sie sich vollkommen hingegeben hatte, eines, über das sie keine Kontrolle hatte, und eines, das sich so fremd anfühlte.
Ich konnte nichts antworten. Ich spürte nur, wie meine Kehle sich zuschnürte und mir für einen kurzen Moment die Luft wegblieb. Ein letzter Blick in ihre Augen verriet mir, dass sie in diesem Moment von all ihrem Leid und ihrer schweren Last erlöst wurde.
Anne hat alles Gute aus den Augen verloren, vergaß, wie schön das Leben sein kann und wie besonders sich manche Momente anfühlen können.
Du allein entscheidest, ob du dich deinem Leben hingibst oder dir treu bleibst. Du allein entscheidest, ob du ein erfülltes Leben führst. Du allein entscheidest darüber, wie du dein Leben letztendlich lebst.
„Ich heiße Adela Koller, bin geboren am 25.03.2005 in Kärnten. Ich gehe derzeit noch in die Schule und in meiner Freizeit mache ich gerne Sport. „
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