Maria Wölflingseder für #kkl50 „Hingabe“
Wie ein Seestern
streckst Du alle Fünfe von Dir –
mir entgegen.
Gestern saß einer
im seichten Wasser am Stein
und rekelte sich in der Abendsonne.
Ein riesiger, erdbraun und algengrün gesprenkelter,
mit lauter Stacheln auf seiner Muskelstrahlenhaut.
Du, mein Fünfzack, hast keine Stacheln,
auch verkosten kann ich Dich nicht
wie die Meeresfrüchte.
Aber aus Deinem strahlendsten Strahl
schlürfe ich den köstlichsten Cocktail.
Wir verlangen nichts voneinander
keine Versprechungen
keine Beteuerungen
keine Beschwörungen.
Umso größer ist das Verlangen nacheinander!
Schon so lange.
Deine Ausdrücklichkeiten
haben solch Eindruck
auf mich gemacht,
dass ich noch tagelang
jeden Abdruck Deines Körpers
auf mir und in mir
millimetergenau
spüre.
Tiefdruck auf der Haut
Hochdruck im Herzen.
Komplett umgemodelt!
Augen-blicklich
Wer mit einem Brennglas
vor der Seele lebt,
dem geht der Himmel auf,
wenn sich ein Fremdkörper in einen
Resonanzkörper verwandelt.
Lass mich…
Mach einen Kopfstand
und lass mich in Deiner Achselhöhle
Purzelbäume schlagen.
Stell Deine Haare auf
und lass meine Gedanken
darin nisten.
Schürz‘ Deine Lippen
und lass sie auf jedem Quadratzentimeter meiner Haut
Stethoskop spielen.
Garnier‘ Deinen großen Sehnsuchtsbeulenbauch
mit den Pralinen Deiner Phantasterei
und lass mich davon kosten.
Vorratskeller
Dort stecke ich
riesige Sehnsuchtskarotten
in den kühlen, feuchten Sand.
Dort forme ich
erregende Erinnerungen
an Deine einzigartig weiche, weiße Haut
zu glatten Eiern
und lege sie
in große Gläser mit Kalkwasser.
Dort versehe ich
jeden Apfel
mit Deinem kleinen Erdnussmund,
bis sich Hunderte
von der Stellage aus
nach mir verzehren.
Dort staple ich
meine erotisierende Ehrfurcht
vor Deiner jungen
feinfühligen Intelligenz
vom Boden bis zur Decke.
Dort verstecke ich
die kleinen Fingernägel
meines großgewachsenen Geliebten
im Honigtopf,
damit sie nichts von ihrer Süße verlieren.
Dort lege ich
meine zitternde Resonanz
Deiner klaren Aussprache
mit leisem Akzent
in hochprozentigen Travarica.
Dort mixe ich
Deinen unwiderstehlichen Charme
mit meiner Kapitulation vor
Deiner Verführungskunst
und fülle sie in Champagnerflaschen.
Dort lasse ich
die charakteristische Komposition
Deines Gesichtes,
an der ich mich nicht satt sehen kann,
in Eichenfässern reifen.
Maria Wölflingseder, Dr. phil., geb. 1958 in Salzburg, lebt in Wien. Publizistin von Theorie bis Poesie. Zahlreiche Veröffentlichungen seid Ende der 80er Jahre: Biologismus- und Esoterik-Kritik, über Arbeitslosigkeit und Armut, Essays über die Zumutungen in unserem System von Markt und Staat, das es zu überwinden gilt. Aber auch über die Macht der Literatur (u.a. zu Albert Camus, Fred Wander, Charlie Chaplin).
Mitherausgeberin und Redakteurin des Magazins Streifzüge.
www.streifzuege.org/autorinnen/maria-woelflingseder
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