Charlotte Stenzel für #kkl51 „Passagier“
Narben heiß bügeln
Gib mir alles, was an Hoffnung für uns in deinem Herzen ruht,
jedes bisschen Licht will ich um uns haben,
klare Sicht, Dämmerlicht, Kerzenschein, Neonröhren,
die das alte Bild von uns zerstören
und den letzten Funken Hoffnung restlos verbrennen,
die Asche verstreuen und mich von der Feuerstelle trennen.
Dann zieh ich mich zurück,
keine Regung und kein Zucken,
kein Reflex, kein Wegducken.
Draußen ist es windstill und warm,
mir ist kalt, ich mach wem auf,
er füllt mich aus,
ich fühle nichts, nur kurz den Kick,
der mich durch die Kälte prügelt,
die Narben heiß bügelt.
Stille Nacht
Alles schläft,
einsam kracht
sie durch die Flure
die wuchtige Holztreppe
hinauf und hinunter,
mal donnert sie
und reißt die schweren Türen
mal kratzt sie
hangelt sich an gelben Wänden
behände von den Deckenleuchtern,
schwebt in Efeuranken am Gemäuer.
Es heult aus dem Schlafgemach,
Erinnerungen halten wach
an Kerzenlicht am Schaukelstuhl,
grüne Zweige, glühende Gesichter,
sagt, wer von euch glaubt an Gespenster?
Nur das traute,
hochkranke Paar
Augen, das still und eisblau
allein in der heiligen Nacht
heulend durch die Flure kracht,
ohne Ruh und ohne Schlaf
hinunter, hinauf, hinunter.
Charlotte Stenzel ist in Delmenhorst aufgewachsen und hat nach der Schule ein Freiwilliges Jahr in Lübeck absolviert. Anschließend hat sie dort in verschiedenen Jobs gearbeitet, Praktika gemacht und sich politisch engagiert. Für ihr Studium der Geographie ist sie nach Kiel gezogen, wo sie nebenher in einem kleinen Verlag bei Kiel arbeitet. Über ihre Leidenschaft fürs Theater Spielen hat sie während des Studiums zum freien Schreiben zurückgefunden. Zuletzt hatte sie als Kind Geschichten verfasst.
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