Lukas Felix Pohl für #kkl51 „Passagier“
FESTGESPRÄCH
Am Fuße einer unendlich breiten grauen Steintreppe, die so breit war, dass sie hunderte Menschen gleichzeitig auf- und abschreiten hätten können, erstreckte sich eine riesige Halle. Lederne Sofas und Tische aus Mahagoniholz auf Persischen Teppichen und Tierfellen, und Menschen sitzend und stehend in Grüppchen, die mit gespitzten Fingern blitzende Sektgläser klingen ließen, nachdem sie “Zum Wohl” oder “Hört, hört” gesagt hatten und dann süßlich laut auflachten als würden sie sich gerne gegenseitig den Gaumen auslutschen. Und Kunst und Skulpturen mittendrin, und riesige Spiegel an den Wänden, in denen sich derselbe Akt immer und immer wieder abspielte. Ich setzte mich auf die oberste Stufe und trank, viele lange Züge, und überlegte, mich wo dazuzugesellen.

“Darf ich mich vorstellen, ich bin Blabla, stört es sie, wenn ich mich zu ihnen geselle?”
“Aber natürlich nicht, welch eine Frage, ganz reizend, ich bin Doktor Blabla und das ist meine Frau Blabla.”
“Blabla, sehr erfreut.”
“Blabla, auch äußerst erfreut, haben sie denn gar nichts zu trinken?”
“Nur diese Flasche.”
“Aber die ist doch leer.”
“Haben sie denn kein Glas?”
“Das muss ich wohl mit runtergekippt haben, durstig wie ich war.”
Alle würden lachen.
“Vorzüglich.”
“Ja, ja! C’est amusant, c’est amusant!”
“So trinken sie doch noch etwas, es gibt reichlich!”
Ich würde mir ein Glas von einer vorüberlaufenden Kellnerin schnappen.
“Zum Wohl, Mesdames et Messieurs.“
“Oh, oh, Francais, zum Wohl.”
“Zum Wohl!”
Gläser würden klingen.
“Ein wunderbares Fest, wirklich wunderbar, finden sie nicht auch?”
“Ja, ein Traum, vielleicht der schönste.”
“Sind sie denn von weit her angereist?”
“Aus Blabla.”
“Oh, nicht gleich ums Eck.”
“Ein Katzensprung, wenn man gefahren wird.”
“Wahre Worte, der Abholservice ist lobenswert.”
“Ja, ein Muss, wenn sie mich fragen.”
“Ganz ihrer Meinung, ganz ihrer Meinung. Und was machen sie, wenn sie nicht gerade Feste wie diese mit ihrer Anwesenheit beehren?”
“Ich besitze eine Gaumenlutscherfabrik. Ich, wir arbeiten hart daran, für jeden Gaumen was zu finden.”
Ich saß oben auf der Treppe, trank Champagner und lachte allein.
Lukas Felix Pohl

Allein unsere Existenz ist eine Geschichte. Jeden Tag stolpern wir in neue, aufregende, schöne und manchmal auch traurige. Sie alle sind unvergleichlich.
Lukas Felix Pohl lebt in und für Geschichten. Schon als Kind schrieb er erste Texte und entdeckte später das Filmemachen für sich. Er wohnte, studierte und arbeitete in Nordamerika und verschiedenen Ländern Europas. Zuletzt in Südfrankreich, bevor er in seine Heimatstadt Köln zurückkehrte.
Seit 2024 widmet sich Lukas vollständig dem Schreiben. Inspiriert von Autoren wie Hemingway, Malaparte, Max Frisch und Murakami, erschafft er realistische Erzählungen, spielt mit surrealistischen Elementen oder fantasiert auch gerne ganz neue Welten.
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