Hedge-Friederich

Philipp Ammon für #kkl53 „souverän“




Hedge-Friederich

Er wallte zu dem Heiligtum:

Die heiligen Stätten verehrte er,
Umkreiste sie nach frommem Brauch.
Durch diese Pilgerschaft erwarb
Er seinen Namen: Hedge-Friederich.

Doch weil der Friederich so fromm

Betrachtete das Heiligtum,
Ward er betraut mit Höherem
Und hütete der Weisen Stein,
Den schwarzen Fels,
BlackRock genannt:
Die Kaaba des Kapitals.

Der diente er mit frommem Sinn:

Nur diesem Steine soll man dienen.
Der Fels soll haben ein Monopol

Auf diese Welt –
Monopoly, ein Kinderspiel:
Ich breite seine Herrschaft aus

Durch eine kleine Anstrengung.
Indes die große Anstrengung:
Zu dienen von ganzem Herzen ihm.
Dem Stein sei alles untertan:

Die Heimat unterwerf’ ich ihm.

Ich BlackRocker verkünde euch:

Der Glaube ist ganz rational;

Durch Algorithmen wird regieren

Das Kapital;

Fürchtet die Unterwerfung nicht,

Ergebt euch ihm mit Hingebung:

Dem schwarzen Fels

Sei meine Heimat untertan.

Hedge-Friederich war mächtig stolz:
Er brauchte nicht einmal Gewalt.
Sie öffnete sich ganz von selbst

Der Herrschaft seines schwarzen Steins.

Glaube und Herrschaft sind nun eins.

Der Fels hat nun ein Monopol

Auf dieses Land.

Das war für ihn ein Kinderspiel,

Nur eine kleine Anstrengung,

Nur eine kleine Abstimmung

In der Madschlis des Bundestags.

Er hat sich selbst hintangestellt

Und widerrief die Aussagen von

Vor der Wahl:

Der Iblis hatte ihn verführt,

Als er von Schuldenbremsen sprach.

Er widerrief:

Wenn zwei Aussagen kollidieren,

Soll gelten stets die spätere.

Der Widerruf ist Aufhebung im höheren Sinn:

Was Einfaltspinsel nicht verstehen.

Er war fast selbst ein schwarzer Fels

Des digitalen Kapitals

In einem Sturm des Widerspruchs,

Doch hielt er in der Brandung stand

Fürs große Ziel

Und hat’s erreicht:

Daß Algorithmen tanzen fast ekstatisch bis zur Inflation:

Die Elektronen frohgemut, frohlocken,

Daß nun durchregieren und endlos Schulden aufnehmen darf

Die Koalition

Ganz ungebremst:

Schwarzrot heißt jetzt BloodyBlackRock

’cause #BlackRockMatters as you know.

Souverän ist, wer die Algorithmen tanzen läßt:

Die Derwische des digitalen Kapitals

Sind reiner Geist, Kalkulation:

Die Zahlenmystik Eins und Null.

Und Derwische sind Darbende.

Er darbte beinahe zwanzig Jahre fern der Macht,

Verzehrte sich, übte ergeben Machtverzicht

Und hütete den schwarzen Fels.

Als Gnadengabe empfing er nun,

Daß er regiere gerecht den Staat,

Die Macht.

So fromm war der Hedge-Friederich.




Philipp Ammon, geb. 1975, studierte in Berlin, Kasan, Moskau und Tbilissi Philologie und Geschichte. Bei Vittorio Klostermann erschien 2020 Georgien zwischen Eigenstaatlichkeit und russischer Okkupation. Die Wurzeln des Konflikts vom 18. Jh. bis 1924. Im Gans Verlag erscheinen 2025 der Reiseessay Tuschetiens Wolken und Karthlis Untergang. Von der Schönheit und Zerstörung einer Kulturlandschaft am Rande der bewohnten Welt und der Erzählband Die schöne Zeit. 2020 gewann er mit dem Gedicht Città eterna den Literaturpreis des Italienischen Kulturinstituts Neapel und der internationalen Poesie- und Literaturzeitschrift Nuove Lettere. Veröffentlicht u.a. in: NZZ, Die Presse, Cicero, Berliner Zeitung, The European, Jüdische Rundschau, David, perspektive. hefte für zeitgenössische literatur, Matrix – Zeitschrift für Literatur und Kunst. 






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Veröffentlicht von Jens Faber-Neuling

Redakteur von #kkl Kunst-Kultur-Literatur Magazin, Autor, Trainer und Coach im Bereich Potentialentfaltung und Bewusstseinserweiterung, glücklicher Papa und Ehemann.

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