Lisa

Ulrich Kaufmann für #kkl54 „denkbar“




Lisa

Zwei Wochen ist es her, dass Hendrik dem Teufel begegnet ist. Und wenig später, als er zu Hause war, Gott höchstpersönlich an seiner Haustür klingelte und ihm zu seiner souveränen Reaktion gratulierte.

Denkbar ist es durchaus, dass alles so passierte. Und was das zu bedeuten hat, weiß Hendrik bis heute nicht.

Oder hatte er das nur geträumt? So voll realistisch. Eine Tagträumerei, die sein sonst so langweiliges Leben, tagein tagaus Routine, ein wenig aufpeppt?

Auch denkbar. Absolut.

Aber wäre Hendrik dann nach wie vor davon überzeugt, das Geschehene wirklich erlebt zu haben? In der Realität? Quasi als True Story.

Vielleicht gibt es auch eine dritte Dimension, eine Parallelwelt. In der sich Dinge abspielen, die zwar denkbar sind, aber unwahrscheinlich wirken. Wie die Sache mit dem Teufel. Eine Welt, die nur wenigen Menschen zugänglich ist. Und Hendrik ist einer davon. Warum auch immer.

Alles Fragen, die er sich nicht beantworten kann.

So auch der Gedanke, eine weitere Möglichkeit, die ihn schon lange beschäftigt, dass sein sogenanntes reales Leben eine Traumwelt ist. Ein Dauertraum. In dem er gefangen ist. Mit all den anderen Kreaturen, Menschen, Tiere, Pflanzen, die Auswüchse seiner Fantasie sind. Und der Teufel und Gott sind Teile dieses Dauertraums. Ein komatöses Erleben? Hatte er einen Unfall oder ist er sehr krank? Er hat keine Ahnung.

Das mit der Parallelwelt ist allerdings sein Favorit. Mal abwarten, ob und wann er wieder in die Dritte switcht.

Es klingelt an der Haustür. Wieder Gott? Dieses Mal mit Klingel? Er öffnet. Nein. Lisa. Hendrik hat sie seit längerem nicht gesehen.

Ohne Begrüßung platzt es aus ihm heraus. „Mir ist der Teufel begegnet.“

Lisa schaut ihn mit leicht spöttischem Gesichtsausdruck an und bleibt im Türrahmen stehen. „Dir auch?“

Das ist ja der Hammer, denkt sich Hendrik. Dann spinne ich nicht, wenn auch Lisa in der Parallelwelt angekommen ist. Er möchte sofort Näheres erfahren. „Wan und wo dir denn.“

„Darf ich erst mal reinkommen?“

Hendrik macht Platz. Er schließt die Tür hinter ihr. Kann es kaum abwarten.

„Also wann und wo du?“

„Gerade eben. Auf dem Weg zu dir. Mein nerviger Bruder. Hat wieder mal was total Wichtiges zu besprechen. Am liebsten sofort. Hab ihm gesagt, dass ich keine Zeit habe. Wir treffen uns morgen bei mir auf ne Tasse Kaffee.“

Aha. Nix Parallelwelt. Nur der nervige Bruder.

„Morgen ist Sonntag“, stellt Hendrik messerscharf fest.

„Ja eben. Da hat er frei. Ich auch.“

Er bietet ihr einen Kaffee an. Sie sprechen über dies und das. Hendrik vergisst ganz, von seiner Begegnung der dritten Art zu erzählen. Erst nach einer Weile fällt Lisa wieder Hendriks Aussage ein.

„Und bei dir? Wer ist dein Teufel?“, fragt sie ihn unvermittelt.

„Ähm ja.“ Er zögert. Sie wird es ihm eh nicht glauben und es wahrscheinlich lächerlich finden. Aber er entscheidet sich doch dazu, ihr es so zu erzählen, wie er es erlebt hat.

„Mein Teufel war der Teufel war der Teufel. Kein anderer.“ Er berichtet ihr die komplette Geschichte, bis Gott in der Tür steht und gratuliert.

Lisa musste sich vorher schon das ein oder andere Mal ein Lachen verkneife, aber dann nach ungefähr zehn Sekunden Stille prustet sie los.

„Also nun wirklich. Hast wohl zu viel schlechte Horrorfilme gesehen.“

Sie überlegt kurz. „Außerdem hängst du nur noch alleine zu Hause ab. Da musst du ja auf solch schräge Gedanken kommen.“

Wieder eine kurze Pause. Beide schauen sich an. „Ich hab da ne Idee“, ergreift sie die Initiative. „Da hat vor ner Woche ein neues Restaurant aufgemacht. Ganz hier in der Nähe. Soll gut sein. Lass uns dahin gehen. Hab heute eh noch nicht viel gegessen.“

„Na ja. Ich auch nicht. Dann los.“

Es hat angefangen zu regnen. Beide haben nicht darauf geachtet. Hendrik möchte noch mal schnell hoch einen Regenschirm holen.

„Ach lass mal“, hält Lisa ihn zurück. „Ist wirklich nicht weit. Und wir sind ja nicht aus Zucker.“

Die drei Straßen dauern nur fünf Minuten, da stehen sie auch schon vor dem Restaurant. Hendrik traut seinen Augen kaum. Er steht wie versteinert mitten im Regen.

Löffelstiel. Der Name des Restaurants prankt in großen roten Buchstaben über dem Eingang. Und darunter in kleineren Lettern der Satz : Hier wird teuflisch gut gekocht. Das O in gekocht ist zu einem Konterfei des Teufels designt. So wie er gemeinhin dargestellt wird. Hendrik weiß es besser.

„Jetzt komm endlich. Wir werden sonst klitschnass.“ Lisa zerrt ihn leicht am Arm.

Liram, larum, Löffelstiel. Er erinnert sich an seine Worte. Das kann kein Zufall sein.

Wie gesagt. Denkbar ist alles.



Teil 1 der „Geschichte“




Mein Name ist Ulrich Kaufmann. Am 14.03.1965 habe ich in Neuss das Licht der Welt erblickt. Ich bin ausgebildeter Erzieher, habe jedoch nie als solcher gearbeitet, sondern war nach meiner zweiten Ausbildung als Krankenpfleger tätig. Dem gehe ich auch aktuell noch nach.

Aus meiner ersten Ehe habe ich drei inzwischen erwachsene Söhne. Seit 2018 bin ich das zweite Mal verheiratet.

Seit 2016 lebe ich in Brandenburg an der Havel. Bis dahin war mein Wohn-und Lebensmittelpunkt der linke Niederrhein. Aufgewachsen bin ich in Düsseldorf.

Bisher habe ich noch keine Texte veröffentlicht, außer 2017 beim Bubenreuther Literaturwettbewerb. Dort allerdings keinen Siegertext gehabt.

Kleinere Texte, auch Lyrik verfasse ich schon mein halbes Leben.








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Veröffentlicht von Jens Faber-Neuling

Redakteur von #kkl Kunst-Kultur-Literatur Magazin, Autor, Trainer und Coach im Bereich Potentialentfaltung und Bewusstseinserweiterung, glücklicher Papa und Ehemann.

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