Ansgar Eyl für #kkl58 „Ethik“
Der Ruf
Die Bäume wachsen gleich hölzerne Schlangen aus dem Lehm. Gierige Münder sind zerborsten, splittern auf die Buchenerde. Blätter züngeln in der mit Eckerspeichel beladenen Luft. Du hörst das Surren der Wipfel und kreischst auf. Schallen überall…
Die Schritte hallen im Laub. Baumjahresringe sind gespalten, es riecht nach Buchenharz. Deine Fersen tauchen in sandigen Grund, Bimsfelder bröckeln auf Rainfarnwiesen. Du springst über eine morsche, freigelegte Eschenwurzel. Dein Stolpern misslingt. Aufrecht stehst du im puddingartigen Schlamm. Arme rudern durch die ausgeatmete Luft.
Zweigschlingen greifen deinen juckenden Hals und die Augen sind, zum Staunen über die Welt, aufgerissen.
Du siehst den Betonpfeiler, den die Humaniden als Denkmal für Neid und Niedertracht in das Moordickicht gerammt haben.
„Welch großartige, kulturelle Leistung“, entfährt es deinem aufgewühlten Inneren.
Du stehst vor einem großen, stahlblauen Wandgemälde im Freilichtmuseum. Nachdem du kopfschüttelnd zu ein paar Doldenbüschen weitergegangen bist, sagt jemand:
„Das war eben: der Himmel, wie er mal vor Jahrhunderten ausgesehen hat. Den konnten sie in seiner Pracht nicht ertragen.“
Am Ende des Mittelpunktes
Das Nicken verlieh ihm den Drang, weitere Worte an die Umstehenden zu richten.
Ein kurzer Moment des Schweigens ließ die Gedankenverlorenen zusammenzucken.
„Tja…“, bildete einen neuen Anfang, indem sich Alle neu zu konzentrieren schienen.
Die Ohrmuscheln zitterten, kein Kopfhörer presste sich gegen die Halsspitze.
Gefühlsverloren stand ich lauschend, applaudierend, an die Eleganz weiblicher Bewegungen denkend, im Mob unter den Blickstrahlen weit aufgerissener Augenpartien.
Die Hände des Menschenknubbels reckten sich in diverse, wolkenverhangene Himmel, die jeweils am starren Horizont der nächsten Vergänglichkeit entgegen strebten.
Claqueure verrichteten ihr erfolgversprechendes Werk, Synapsen streichelnd.
Sinnierend, leise Monologe haltend schüttelte ich den Kopf.
Die Typen mit der Zwangsweste steuerten von hinten auf den scheinbar nicht Nickenden zu. Sie zerrten mich vom Stuhl aus durch das Amphitheater, während Raunen des Publikums und Räuspern des Redners versuchten, die dabei anfallenden Geräusche zu übertönen.
Ansgar Eyl, geboren am 17.06.1969 in Neuwied. Er veröffentlichte in Anthologien und Literaturzeitschriften, lebt in Kleinmaischeid im Westerwald,
Einzelveröffentlichung: „Orangensaft“-Lyrik im Mauer-Verlag, Ansgar Eyl veröffentlichte bislang Prosa und Lyrik, u.a. in Axel Kutsch´ versnetze´1- 14 kontinuierlich vertreten. Publizierte in Anthologien und Zeitschriften.
Internationaler Lyrik-Wettbewerb ´Sannio´- in Italienisch-deutscher Anthologie-1997 veröffentlicht u.a.
Über #kkl HIER
