Clara Sinn für #kkl „Ich denke, also bin ich“
Nachbarland
Sie konnte die ganze Nacht kein Auge zutun.
Er hatte prekär geparkt. Ziemlich auf der Ecke. Der kleinen Seitenstraße. Zum Hotel.
In dieser Großstadt. In diesem fremden
Nachbarland.
Für 80 Euro hätten sie in der Hotelgarage unterkommen können. Aber über 300 Meter weit weg …?
Sie wälzte sich herum, versuchte angestrengt zu lauschen.
Hörte sie da so etwas wie die Seilwinde eines Abschleppwagens?
Du darfst nicht einschlafen. Du musst es unbedingt rechtzeitig merken,
wenn …
Irgendwann zwischendurch fragte er
noch in süßem Halbschlaf:
„Was hast du denn?“
„Wenn was mit’m Auto is.“
„Dann hab’n sie’s abgeschleppt.“
Oder aufgebrochen. Und gestohlen.
Ganz egal, egal was.
Auf der Stelle hatte sich seine unbekümmerbare Ruhe auf sie übertragen und
sie ward dieses erlösenden Gedankens fähig:
ganz egal was,
gut.
Clara Sinn schreibt Kurzprosa und ist in verschiedenen Anthologien, die auch als Podcasts zu hören sind, vertreten.
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