Nora Hille für #kkl25 „Raum“
Von Mitleid und Mitgefühl
Zwei Worte, die so ähnlich klingen, häufig verwechselt werden und zwischen denen doch ein himmelweiter Unterschied besteht.
Neben meinem Strahlen und meiner Lebensfreude kenne ich tiefstes inneres Leid und Finsternis. Doch ich brauche niemanden, der mit mir mitleidet – ich will niemanden in meinem nahen Umfeld, der meint, mitleiden zu müssen. Denn ich habe mittlerweile einen Weg gefunden, mit meiner bipolaren Erkrankung umzugehen, so dass ich für mich sagen kann: mein Leben ist gut. Es gibt sie immer noch, diese Zeiten voller Leid, auch wenn sie weniger geworden sind und kürzer andauern. Doch mein Leid durchwandere ich allein bzw. therapeutisch und medikamentös unterstützt. Denn mein Leid gehört mir.
Anders sieht es aus beim Wort Mitgefühl. Es steht für Achtsamkeit und Nähe, für die Bereitschaft und den Versuch, sich in den Mitmenschen hineinzuversetzen, wenn er krank ist oder einsam, wenn er leidet. Mitgefühl kann ich anderen schenken und selbst zulassen, denn es strahlt eine Wärme aus, die das Innere erreicht, selbst wenn Verzweiflung herrscht. Mitgefühl ist voller Freundschaft und Liebe, denn es bleibt immer eine Begegnung auf Augenhöhe, voller Respekt für den anderen.
Mitleid aber ist im schlimmsten Fall toxisch.
Es engt ein, nimmt Raum.
Mitgefühl dagegen ist ein Geschenk.
Ein Geschenk, das von Herzen kommt.
Das eine Rückkopplung ermöglicht, indem es den Betroffenen stärkt, der sich wahrgenommen und wertgeschätzt fühlen darf. Mitgefühl steht für Weite und schenkt Raum.
Darum frage dich, wenn du das nächste Mal in eine Situation gerätst, die deine Seele schwingen lässt zwischen Mitleid und Mitgefühl, was davon du bewusst wählen willst.
Ich kann es dir und deinem Gegenüber nur wünschen: Entscheidet Euch für Mitgefühl. Für ein ehrliches Miteinander auf Augenhöhe.
Denn dann stärken wir einander auf liebevolle Weise, die uns gemeinsam wachsen lässt.

Nora Hille, Jahrgang 1975, verheiratet, zwei Kinder. Studium Geschichte, Literatur- und Medienwissenschaften. 12 Jahre Arbeit im Bereich Kommunikation/PR. Aus gesundheitlichen Gründen verrentet. Schreibt als Betroffene und Erfahrungsexpertin zu den Themen mentale Gesundheit, psychische Erkrankungen und engagiert sich für die Anti-Stigma-Arbeit, also gegen die Stigmatisierung (Ausgrenzung) psychisch Kranker in unserer Gesellschaft für mehr Miteinander, Toleranz und Gleichberechtigung, unter anderem bei Mutmachleute e.V.. Veröffentlicht seit 2022 beim Online-Magazin femalExperts.com – Das Online-Magazin für Businessfrauen mit Ambitionen – als Kolumnistin monatlich zu Mental Health-Themen und ist Redakteurin der experimenta – dem Magazin für Literatur, Kunst und Gesellschaft. Außerdem verfasst sie literarische Essays, Gedichte und Kurzprosa.
Im Herbst 2023 erscheint ihr Buch „Wenn Licht die Finsternis besiegt” bei Palomaa Publishing. Ein Mutmachbuch darüber, wie man trotz bipolarer Erkrankung – und der enormen Herausforderung, die diese tagtäglich für die innere Balance Betroffener bedeutet – ein gutes und reiches Leben gestalten kann. Auf Instagram zu finden unter: @norahille_autorin
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