Maria Wadenpohl für #kkl20 „bedingungslos“
Sie blickt von der Decke auf sich hinab. Sieht sich stöhnen. Die Beine gespreizt, zwischen denen er sich bewegt. Sie stöhnt, weil sie das eben immer so macht. Weil es ihn anturnt. Weil es sie selbst oft anturnt. Aber gerade fühlt sie nichts.
Schnitt.
Sie sieht sich in Unterwäsche auf dem Badewannenrand sitzen. Und die Kraterlandschaft auf ihrer Haut. Vielleicht sollte sie bei der nächsten Epilation doch wieder die Schutzhaube auf die Pinzetten setzen? Egal, in 12 Stunden sieht die Haut wieder normal aus. Und ist haarbefreit.
Schnitt.
Sie lässt den Kragen ihres Shirts über die Schulter gleiten. Ein bisschen mehr Haut. Das wertet das Selfie auf, denkt sie, und drückt auf den Auslöser ihres iphones.
Schnitt.
Sie ist wieder bei sich. Vereint in sich die Person, die agiert. Und die, die sich selbst dabei zusieht. Sie schaut aus dem Fenster. „Was, wenn ich all das betrachten kann, ohne es zu bewerten?“, schießt es durch ihren Kopf, „ohne es überhaupt mit Worten oder Begrifflichkeiten zu versehen, die klägliche Erklärungsversuche darstellen und doch nie die Wahrheit treffen, die mich in Bilder zwängen, die zu eng sind? Was, wenn das Facetten von mir sind, die unkommentiert neben allen anderen stehen, die von Stärke und Selbstbewusstsein zeugen? Was, wenn ich nichts davon hinterfrage? Sondern es als Teil meines Gesamtkunstwerks akzeptiere? Was, wenn das alles zu mir gehören darf? Bedingungslos.“

Maria Wadenpohl Jahrgang 1981, lebt in Leverkusen. Beruflich verschlug es sie bereits in verschiedene Bereiche, unter anderem in den Journalismus. Aktuell wirkt sie als Psychologische Beraterin und Erzieherin. Nachdem sie bisher hauptsächlich Gedichte verfasste, schreibt sie gerade an ihrem ersten Roman.
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